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Am 21. Juli 1969 «spazierte» die Schweiz auf dem Mond

Die Beteiligung der Schweiz an dieser historischen Leistung ist noch wenig bekannt. Das technologische Know-how der Schweiz trug jedoch wesentlich zum Erfolg der Apollo-11-Mission bei.

«Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein grosser Schritt für die Menschheit.» Am Montag, 21. Juli 1969, um 3 Uhr 56 (MEZ) betrat Neil Armstrong im Rahmen der Apollo-11-Mission den Mond. Die USA triumphierten. Zum ersten Mal in der Geschichte hatte ein Mensch seinen Fuss auf die Oberfläche des natürlichen Erdsatelliten gesetzt. Die Bilder gingen um die Welt, und sie haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Fünfzig Jahre später wird das Jubiläum dieser historischen Leistung, zu der die Schweiz beigetragen hat, in den USA und auf der ganzen Welt gefeiert.

NASA

Das Ziel: der Mond

Zurück ins Jahr 1969. Am 18. Mai 1969, zwei Monate bevor Neil Armstrong und Buzz Aldrin Geschichte schrieben, startete Apollo 10 von Cape Kennedy aus mit drei Astronauten an Bord. Es war der vierte bemannte Raumflug des Apollo-Programms und der zweite, der die Mondumlaufbahn erreichte. Die Mission war als Generalprobe gedacht. Dabei sollten sämtliche Manöver getestet werden, die auch Apollo 11 durchführen sollte. Zudem galt es, mögliche Landeplätze auf dem Mond zu erkunden. Dazu filmten die Astronauten die Mondoberfläche mit einer Farbfilmkamera der Firma J. A. Maurer Inc. LIG NY, die mit Objektiven der ehemaligen Firma Kern & Co. AG in Aarau bestückt war.

Es war das erste, aber nicht das einzige Mal, dass die Aargauer Firma ihre Objektive an die NASA liefern konnte. Auch als Neil Armstrong und Buzz Aldrin von der Landefähre «Eagle» zur Mondoberfläche abstiegen, filmten Kern-Objektive das Manöver. In der «Eagle» war eine zweite Kamera mit einem Objektiv der Firma Kern dabei, die das Landemanöver auf die Mondoberfläche und anschliessend die Aktivitäten der beiden Astronauten auf Farbfilm aufnahm: Unter anderem die riesigen Schritte der beiden Männer während des Anrufs von Präsident Nixon und das Salutieren der amerikanischen Flagge. Aber die Aufnahmen der TV-Übertragung, die Millionen Menschen verfolgten, waren schwarz-weiss.

It was the Kern objectives that immortalized the giant steps of the two men during President Nixon's call and salute him to the American flag. (NASA)
Es waren die Objektive von Kern, die die ersten Schritte der beiden Männer während Präsident Nixon's Anruf verewigten und vor der amerikanischen Flagge würdigten. 
© NASA

Ein unbekanntes Kapitel Schweizer Industriegeschichte

Die Farbfilme kehrten erst mit der Rückkehr der Apollo-11-Crew zur Erde zurück, ebenso wie die Kamera, die Neil Armstrong in der Folge Jahrzehnte lang sorgfältig versteckt hielt. Erst im Februar 2015, drei Jahre nach dem Tod des Astronauten, entdeckte seine Witwe Carol Armstrong die berühmte Kamera in einem Kleiderschrank. Sie ist heute im Smithsonian National Air and Space Museum in Washington ausgestellt. Was die Kern-Objektive betrifft, so befinden sich drei der elf Filmrollen mit Kopien der Originalaufnahmen von Apollo 10 in der Sammlung Kern im Stadtmuseum Aarau.

Schweizer Sonnensegel

Hinter der Eroberung des Mondes stecken viele unbekannte Geschichten. Dazu gehört diejenige der Physiker der Universität Bern. In den 1960er-Jahren war Johannes Geiss Leiter des Physikalischen Instituts der Universität. Mit seinem Team zeichnete er für eines der wenigen von der NASA genehmigten wissenschaftlichen Experimente während der Apollo 11-Mission verantwortlich. Die Physiker entwarfen ein Aluminiumsegel, mit dem sich die vom Sonnenwind mitgeführten Partikel einfangen liessen. Auf den ersten Blick mag das einfach erscheinen. In der Praxis ist die Herausforderung jedoch gewaltig. Damals war nur sehr wenig über diese Teilchen bekannt, die von der Sonne ins Weltall abströmen. Das Erdmagnetfeld verhindert, dass ein Grossteil dieses Partikelregens unseren Planeten erreicht.

Colour films will only return to Earth with the return of the Apollo 11 mission. So is the camera. Neil Armstrong will keep it preciously in the greatest secrecy for many decades. (NASA)
Farbfilme kehrten erst mit der Rückkehr der Apollo-11-Mission zur Erde zurück. So auch die Kamera. Neil Armstrong hat sie für viele Jahrzehnte im Geheimen aufbewahrt.
© NASA

 

1965 reichten Johannes Geiss und sein Team ihren Vorschlag für das Solarwind-Experiment bei der NASA ein, die nur einen einzigen zweistündigen Mondspaziergang geplant hatte. Das Berner Team legte dar, dass sein Aluminiumsegel bereits in so kurzer Zeit wichtige Ergebnisse bringen konnte. So starteten die drei Astronauten im Juli 1969 mit dieser Schweizer Technologie an Bord. Sie ist in Bildern verewigt. Millionen von Fernsehzuschauern verfolgten mit, wie Buzz Aldrin das berühmte Schweizer Sonnensegel noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes steckte. Der heute 82-jährige Johannes Geiss ist nach wie vor am International Space Science Institute in Bern tätig.

Wohnen auf dem Mond

Die Erde blickt heute zum Mars, den Mond hat sie aber nicht vergessen. Der Erdtrabant erfreut sich bei Schweizer Forschenden neuer Aufmerksamkeit. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), zu deren Gründungsmitgliedern die Schweiz gehört, hat das Swiss Space Center der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL) beauftragt, auf der Erde eine Unterkunft mit allen Technologien zu entwickeln, die es für die Errichtung einer menschlichen Kolonie auf dem Mond braucht. Das auf den Namen Igluna getaufte Iglu-Projekt soll in einer Eishöhle unterhalb des Matterhorns realisiert werden, wo die Bedingungen ähnlich extrem sind wie auf dem Mond. An dem Projekt sind über 190 Studierende aus den Bereichen Ingenieurwesen, Architektur, Robotik und Landwirtschaft der ETH Lausanne, der ETH Zürich und der Universität Luzern beteiligt. Die Tests des Mondhabitats finden diesen Sommer statt. Igluna wird für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

The Apollo 11 mission includes two colour cameras equipped with lenses manufactured by the former company Kern & Co. AG, in Aarau. (NASA)
Die Apollo-11-Mission umfasste zwei Farbkameras, die mit Objektiven der ehemaligen Firma Kern & Co. AG, in Aarau ausgestatten waren.
© NASA