9 nostalgische Erinnerungen an eine Kindheit in der Schweiz
Es gab eine Zeit, da gingen Kinder in der Schweiz samstags zur Schule. Trotzdem hatten sie genügend freie Zeit, um Kartonhäuser zu bauen, Gummitwist zu spielen und sich mit Spielzeug zu beschäftigen, das mehrheitlich aus Holz gefertigt war.
Das war im letzten Jahrhundert und hier nun einige Kindheitserinnerungen an jene Zeit:
Wie wir ein Gedicht auswendig lernten, damit uns der Samichlaus nicht in seinen Sack packt.
Kindheiten in der Schweiz verliefen grösstenteils unbeschwert, aber ein Tag, den es für Kinder im deutschsprachigen Teil des Landes nicht zu verpassen galt, war der 6. Dezember. Jedes Jahr an diesem Tag tauchte der Samichlaus mit seinem Gehilfen, dem Schmutzli, aus dem Wald auf, um uns einen Besuch abzustatten.
Eine Möglichkeit, diesen Besuch rasch und problemlos zu überstehen, bestand darin, ein Gedicht bereitzuhalten. Wenn der Weihnachtsmann sein Lob (und einige Ermahnungen für besseres Benehmen) erteilt hatte, waren wir Kinder an der Reihe: «Sami niggi näggi, hinder em Ofe stäggi…». Und als Belohnung gab es Nüsse, Feigen, Mandarinen und Schokolade.
Wie wir alle Tigerfinkli trugen.
Lachen Sie uns nicht aus! Generationen von Kindern, die in der Schweiz aufgewachsen sind, pflegten sie zu tragen: Tigerfinkli
Die legendären Hausschuhe wurden nach ihrer Erfindung 1938 jahrzehntelang in Ortschaften wie Fehraltorf oder Diessenhofen in der Schweiz handgefertigt. Warum die Hausschuhe Tigerfinken heissen, obwohl das Muster ja eher an einen Leopard erinnert, ist bis heute ein Rätsel. Vermutlich stammt der Name von den Kindern, welche die Finken trugen, für die ja ein Tiger oder ein Leopard Hans was Heiri ist...
Heute umfasst das Sortiment neben Hausschuhen in Erwachsenengrössen verschiedene Accessoires wie Brieftaschen und Portemonnaies. Gefertigt werden die Tigerfinken allerdings nicht mehr in der Schweiz, sondern in Polen.
Wie wir zum Schulbeginn von den Eltern einen Kuhfellranzen erhielten.
Globi, Papa Moll und Pingu auf Schultheks, das gibt es erst seit den 1990er-Jahren. Früher steckten Primarschülerinnen und -schüler ihre Bücher und Füller in klassische Ledertornister, viele davon mit gescheckter Kuhfell-Klappe.
Ein solcher Schulrucksack, der gemessen am heutigen Preisniveau 150 Franken oder mehr kostete, war eine stolze Investition. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem mich meine Grosseltern zu einem Lederwarengeschäft mitnahmen, wo ich meinen eigenen Thek aussuchen durfte. Weil Kuhfellmuster so verschieden sind wie Fingerabdrücke, lernten die Kinder, ihren eigenen Thek zu erkennen. (Sie hatten sechs Jahre Zeit dafür – und ein paar bedauernswerte Seelen schleppten ihn in der weiterführenden Schule noch mit…).
Wie die Panzer der Armee durchs Dorf fuhren und wir von den Soldaten «Bundesziegel» und Schokolade erbettelten.
Ungefähr einmal im Jahr während der Sommerferien verlegte die Schweizer Armee eine Kolonne von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen von A nach B. Schon von Weitem hörten wir den Lärm der Panzer, die über die asphaltierte Hauptstrasse mitten durch mein Dorf rollten. Die ganze Dorfjugend rannte zur Strasse und winkte den Soldaten zu. Wenn wir Glück hatten, warfen sie uns Schokoladenriegel und Pakete mit Militär-Biscuits, den sogenannten Bundesziegeln, zu.
Das war kein PR-Coup, um das Ansehen der Schweizer Armee zu pflegen, sondern ein Routinevorgang. Schliesslich sind wir in der Schweiz, wo alles seinen Zweck hat.
Wie die Schulreise eine Wanderung zum höchsten Punkt des Kantons beinhaltete.
Es heisst, dass Schweizer Kinder Wandern lernen, bevor sie Chuchichäschtli sagen können. Im letzten Jahrhundert hätte uns die Vorstellung, virtuelle Pokémons zu jagen, wohl ziemlich verstört. Wichtig war damals vielmehr die Fähigkeit, steile Pfade zu erklimmen.
Das zeigte sich spätestens am Ende des ersten Schuljahres, wenn die Lehrerin die Schulreise ankündete. Eine Schulreise war gleichbedeutend mit Wandern. Zuerst wanderten wir in den nächstgrösseren Ort. Dann wurden die Wanderungen jedes Jahr länger und führten uns schliesslich auf den höchsten Berg im Kanton. Was wir dort gemacht haben? Cervelats bräteln, natürlich!
Wie der Migroswagen ins Dorf kam und wir unser Taschengeld für Süssigkeiten ausgaben.
Vor der Ära der 24/7 Convenience Stores und Migrolinos mit verlängerten Öffnungszeiten betrieb die Migros eine Flotte mit 144 Verkaufswagen. Ab 1925 und bis vor wenigen Jahren belieferten die Wagen die Kundschaft in den entlegensten Ecken der Schweiz mit Lebensmitteln und Konsumgütern wie Reis, Teigwaren, Kaffee und Seife.
In vielen ländlichen Gebieten gab es keine eigentlichen Lebensmittelgeschäfte. Lokale Geschäfte wie Molkereien oder Landis sprangen in die Bresche. Bis zum Aufschwung der Migros Online-Shops im Jahr 2007 belieferten die Verkaufswagen der Detailhändlerin noch 33 Ortschaften im Wallis. Ich erinnere mich, wie ich Ende der 1980er-Jahre das letzte Mal einen Schoko-Glacéstängel in einem Migroswagen kaufte. Wer in Erinnerungen schwelgen und einen der legendären alten Verkaufswagen wiedersehen möchte, besucht das Verkehrshaus in Luzern.
Wie wir die Zuschauerterrasse am Flughafen Zürich besuchten, um die Swissair-Flugzeuge starten und landen zu sehen.
Es gab Zeiten, da waren Bodyscanner und Videoüberwachung in Flughäfen ein Ding der Zukunft. Als Kind der 1980er-Jahre habe ich schöne Erinnerungen an die Zuschauerterrasse des Terminal B am Flughafen Zürich. Diese war frei zugänglich für alle, die Flugzeuge aus der Nähe betrachten oder abfliegenden Passagieren zuwinken wollten.
Ebenso spannend für uns Kinder war das riesige Metallflugzeug, das zum Klettern und Spielen einlud, während im Hintergrund die Kultmaschinen der Swissair, Crossair und Balair unablässig über die Piste rollten, starteten und landeten. Das waren noch Zeiten, als Kinder von den Flugbegleiterinnen Malhefte und Caran d’Ache-Farbstifte erhielten und Piloten problemlos Fluggäste ins Cockpit einladen durften.
Und wie wir in den SBB-Zügen die grünen Nichtraucherabteile finden mussten.
Bis 2005 gab es Raucherabteile in Schweizer Zügen. Bei den älteren Kompositionen waren die Nichtraucherwagen grün und die Raucherwagen rot gepolstert. Einige Wagen waren zweigeteilt. Laut SBB verursachten die Reinigung und der Unterhalt der Raucherabteile 20 Prozent mehr Aufwand als Nichtraucherabteile.
Die Aschenbecher mussten von Hand geleert und Klima- und Filteranlagen öfter gereinigt und ersetzt werden. Die SBB hatten viele Reklamationen von Zugpassagieren, die mehr Nichtraucherplätze und eine bessere Isolation zwischen den Abteilen forderten.
Rauchende Personen im Zug – das klingt nach einer Kindheitserinnerung. Tatsächlich wurde das Rauchverbot in öffentlichen Transportmitteln in der Schweiz aber erst im Dezember 2005 als Folge eines neuen Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen in Kraft gesetzt.
Und natürlich waren wir Mitglied des SBB Junior-Clubs!