Das Sankt-Nikolaus-Fest im schweizerischen Freiburg ist ein Muss
Am ersten Samstag im Dezember erlebt die Stadt Freiburg seit 100 Jahren ein geselliges und gemütliches Fest: das berühmte Sankt-Nikolaus-Fest! Aus dieser Tradition, die in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurückreicht, entwickelte sich ein wichtiges Volksfest, das jedes Jahr zwischen 20'000 und 25'000 Personen anlockt. Ein Ereignis, das von der Bevölkerung und den Freunden Freiburgs sehnsüchtig erwartet und hoch geschätzt wird.
Gewerbe und Kinder geben sich die Ehre
Der erste Samstag im Dezember beginnt früh für die Angestellten des Freiburger Bauamts und die Teams des Kollegiums St. Michael: Rund hundert Stände müssen auf dem Platz vor der Sankt-Nikolaus-Kathedrale und etwa 60 weitere in der Umgebung des Kollegiums aufgebaut werden. Vom Morgengrauen an ist die Stadt für einen Festtag in den Händen von Gewerbetreibenden, Händlern und Schülerinnen und Schülern des Kollegiums. Kunsthandwerk aus der Region, Imbiss- und Getränkestände werden auf den beiden Märkten eingerichtet. Doch vor allem die Spiele und Aktivitäten für Kinder ziehen viele Besucherinnen und Besucher an, so etwa das Eselreiten, der Schmink-Workshop oder der Stand, an dem Zauberlaternen hergestellt werden. Natürlich, der Heilige Nikolaus, der Stadtpatron von Freiburg, ist ja bekanntlich Schutzpatron der Kinder. Doch wer ist eigentlich Sankt Nikolaus?
Eine geheimnisvolle Figur
Man weiss eigentlich nur wenig über diese Person, die in Freiburg mit viel Prunk gefeiert wird. Der türkische Bischof von Myra lebte im 4. Jahrhundert und wurde bekannt wegen seiner Barmherzigkeit und Wohltätigkeit, namentlich gegenüber Kindern, für die er sich stark machte. Zu den wahrscheinlichsten Legenden gehört die, dass es die Chorherren vom Grossen Sankt Bernhard waren, die sich im 10. Jahrhundert für die Verehrung des Nikolaus in verschiedenen Prioraten des künftigen Kantons Freiburg einsetzten. Auch wenn diese Geschichte nur auf Annahmen basiert, Tatsache ist, dass die nach ihm benannte Kathedrale im Laufe der Jahrhunderte mit zahlreichen Darstellungen des Heiligen Nikolaus verziert wurde: Chorgestühl mit seinem Porträt, Taufbecken mit seinem Bildnis, im 16. Jahrhundert eine Glocke mit seinem Namen und schliesslich eine Nikolaus-Statue im Giebelfeld der Kathedrale.
Und wer steckt unter dem Sankt-Nikolaus-Gewand?
Heute übernimmt bei der Feier in Freiburg traditionellerweise ein Schüler des Kollegiums St. Michael die Rolle des Sankt Nikolaus. Weshalb? Im Jahr 1906 dachte sich eine Gruppe von Schülern des Kollegiums einen Scherz aus, ein Schelmenstück, bei dem sie mit einer Darstellung des Bischofs in der ganzen Stadt umherzogen. Entgegen ihren Erwartungen wurde die Prozession zu einem Riesenerfolg, so dass sie von der Schulleitung gefördert wurde, welche die alljährliche Organisation des Festes jeweils der Rhetorikklasse überträgt. Und was ist mit dem Heiligen? Er wird von seinen Mitschülerinnen und Mitschülern der 3. Klasse des Kollegiums Mitte September in einer Zeremonie gewählt, bei der jeder Kandidat seine Gründe darlegen muss, weshalb er für einen Tag den grossen Heiligen verkörpern will. Denn bei aller Feststimmung: In die Haut einer Persönlichkeit zu schlüpfen, die vor über 20'000 Personen eine Festansprache hält, braucht etwas Übung, Glaubwürdigkeit und ein gewisses Selbstvertrauen.
Auf dem Eselsrücken durch die Stadt
Das von Folklore und Geselligkeit geprägte Fest erreicht seinen Höhepunkt bei Anbruch der Dunkelheit, wenn sich eine fröhliche Menschenmenge zum Kollegium St. Michael drängt, um dem Beginn der Sankt-Nikolaus-Prozession beizuwohnen. Um 17 Uhr bewegt sich der Festzug von rund 200 Personen, angeführt vom weiss gekleideten Nikolaus, vom Kollegium zur Kathedrale, wo er unter dem Portal von Monsignore Morerod, dem Bischof von Genf, Lausanne und Freiburg, empfangen wird. Eskortiert von finster dreinblickenden Schmutzlis, beleuchtet von Fackeln und begleitet von Pfeifen und Trommeln, verteilt der Held des Tages auf seinem Weg, den er auf dem Rücken eines Esels absolviert, Tausende von Lebkuchen an die Menge. Ja, auch der Esel «Babalou», wie er hier genannt wird, zieht die Blicke von Jung und Alt auf sich. Um 18 Uhr ist der Umzug beendet. Dann richtet St. Nikolaus vom Balkon der Kathedrale herab das Wort an die Menge zu seinen Füssen und lässt – zum Gaudi aller Anwesenden – die Ereignisse des vergangenen Jahres in einer witzigen, sarkastischen Rede Revue passieren.
Interessante Besonderheiten
Mit dem wachsenden Erfolg des Sankt-Nikolaus-Festes in der Stadt Freiburg kamen im Laufe der Jahre einige Besonderheiten hinzu. Seit sechs Jahren malen die Freiburger Künstler ein Werk mit dem grossen Heiligen als Hauptperson. Dieses Bild ziert im folgenden Jahr die Etiketten auf den Lebkuchen. Seit 1916 wird zudem jedes Jahr eine Sankt-Nikolaus-Karte angefertigt. Während 40 Jahren war dafür Eugen Reichlen, Professor für bildende Kunst, zuständig. Heute wird die Karte von einem Schüler oder einer Schülerin der 3. Klasse des Kollegiums gestaltet und in etwa 13'000 Exemplaren verkauft. Der Verkaufserlös geht an Organisationen, die sich für bedürftige Kinder in der Region einsetzen.
Mehr Informationen: Fribourg Tourisme et Région