Diccon Bewes – Ein Engländer, der die Schweiz zum Lachen bringt
Die Bücher von Diccon Bewes über die Schweiz sind Bestseller. Der Engländer wirft einen einfühlsamen und humorvollen Blick auf seine Wahlheimat und ihre Bewohner und nimmt seine Leserschaft mit auf eine fantastische Entdeckungsreise durch die Alpenrepublik.
Lange bevor Diccon Bewes zum Schweizversteher wurde, war er in einer Hochburg der Schweizer Literatur tätig: der Buchhandlung Stauffacher in Bern. Seither ist viel Wasser die Aare hinuntergeflossen und die fünf Bücher über die Schweiz, die er in sieben Jahren veröffentlicht hat, sind im In- und Ausland zu Bestsellern geworden, darunter Der Schweizversteher und Mit 80 Karten durch die Schweiz. Angesichts dieses Erfolgs überrascht es kaum, dass Diccon Bewes als informeller Botschafter des «House of Switzerland» an den Olympischen Sommerspielen 2012 in London fungierte. Er wird regelmässig eingeladen, im Ausland über die Schweiz zu sprechen.
Dabei wusste Bewes, der seit zwölf Jahren in der Schweiz lebt, anfänglich kaum etwas über unser Land. Aber der Reisejournalist, der früher namentlich für Lonely Planet tätig war, ist es gewohnt, die Länder, die er besucht, mit frischem Blick zu betrachten, ohne dass ihm sein Sinn für Humor je abhanden kommt. Und es war von Beginn weg offensichtlich, dass er sich integrieren wollte: Eine Woche nach seiner Ankunft besuchte er Sprachkurse und zollte in False Friends - 51 Ways to Be Misunderstood (nur in Englisch) den falschen (Sprach-)Freunden Tribut.
«Schweizer sind wie Kokosnüsse»
Heute kommt es häufig vor, dass Expatriates ihn um Rat über die Schweiz und ihre Bewohner fragen. «Manche sagen zu mir: Jetzt bin ich schon drei Monate hier, und es hat mich noch kein Mensch zum Abendessen eingeladen. Drei Monate? Warte drei Jahre», lacht er. Bewes vergleicht die Schweizer mit Kokosnüssen. Will heissen: Es ist schwer, sie zu knacken. Zwar sind auch seine Landsleute, die Engländer, bekannt für eine gewisse Reserviertheit. «Ja, aber man wird Sie zum Kaffee einladen, Sie im Pub oder an der Bushaltetstelle ansprechen. Bei den Schweizern dauert es länger, bis sie sich öffnen. Die Trennlinien sind viel schärfer hier.»
Er hat auch gelernt, dass der Humor, diese britische Waffe par excellence, hier nicht gleich ankommt. In Grossbritannien nutzen die Menschen den Humor, gleich wie Trivialitäten, um miteinander in Verbindung zu treten oder ein unangenehmes Schweigen zu überbrücken. Wenn Sie hier bei der Arbeit Scherze machen, wird das als mangelnde Seriosität wahrgenommen. Natürlich gibt es Schweizer Humor. Dieser ist jedoch Privatsache und hat seinen Platz im Familien- und Freundeskreis. Die Schweizer haben Angst, nicht verstanden zu werden.»
Seinen Sinn für Humor stellt Diccon Bewes in seinen Büchern unter Beweis: auf sehr persönliche Art, wie in Der Schweizversteher, oder in den Szenen von How to be Swiss (mit Illustrationen des Deutschschweizers Michael Meister). Er dürfte mit ein Grund dafür sein, dass seine Werke auch beim Schweizer Publikum beliebt sind. «Am meisten hat mich gefreut, dass sie von Schweizerinnen und Schweizern gekauft werden. Es gibt natürlich viele Bücher über die Schweiz, aber das sind sehr ernsthafte Werke. Ich glaube, dass ich den Menschen ein Bild vorhalte, das ihnen fehlte und in dem sie sich wiedererkennen. Und sie spüren, dass ich mit ihnen lache, und nicht über sie.» Allerdings wussten bei der Erstauflage von Der Schweizversteher im Jahr 2010 weder er noch sein Londoner Verleger, was sie erwarten würde, betont er. «Wir hatten beschlossen, 5000 Exemplare zu drucken, eine kleine Ausgabe für den englischen Markt. In drei, vier Wochen war alles ausverkauft!» Das in Englisch, Deutsch und Französisch erschienene Swiss Watching verkaufte sich über 100'000 Mal.
Eisenbahn und Warteschlangen
Diccon Bewes stützt sich auf sorgfältige Recherchen und ernsthafte Befragungen. «Dadurch ist mir klar geworden, weshalb wir alle drei Monate abstimmen!» Für Der Schweizversteher fragte er rund hundert Personen, was ihnen zum Stichwort «Schweiz» als Erstes in den Sinn kommt. «Erstaunlich ist, dass alle ein Bild im Kopf hatten. Häufig waren es Klischees, aber ein Klischee ist besser als gar nichts!» In seinem letzten Werk Mit 80 Karten durch die Schweiz erzählt er zu jeder einzelnen Landkarte eine Geschichte. «Ich wollte keine Vorkenntnisse der Leserinnen und Leser voraussetzen. Das Buch sollte informativ und selbsterklärend sein für die Auswahl, die ich getroffen habe.»
Seine eigenen Schweizkenntnisse vertieft er weiter, indem er alle Ecken des Landes bereist, um vor Schulen, Expatriates oder Hoteliers zu sprechen, wobei er bei letzteren für mehr Gastfreundschaft wirbt. Und staunt dabei, wie ähnlich sich die Schweizer sind, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. «Klar, das ist, wie wenn Sie aus Manchester kommen und denken, Liverpool ist das andere Ende der Welt. Mit Bern und Zürich ist es dasselbe. Mal abgesehen von der Sprache, die wirklich den grössten Unterschied zwischen den verschiedenen Regionen des Landes ausmacht, ist ein Lausanner im Grunde einem Luzerner recht ähnlich. Es amüsiert mich immer, wenn mir die Leute in Lugano, Genf oder anderswo sagen: Sie haben uns perfekt durchschaut, die Schweizer sind so. Aber wir nicht, wir sind anders!»
Und was nervt ihn in der Schweiz? Die Warteschlangen oder vielmehr das Warte-Chaos. «Die Schweiz ist effizient, gut organisiert, die Leute sind höflich... Aber wenn Sie auf dem Markt oder vor dem Tram sind, ist das alles weg. In solchen Augenblicken wird mir bewusst, dass ich Engländer bin! Auch wenn ich mich in England ärgere, wenn die Züge nicht pünktlich sind.» Die Hauptstadt, Bern, ist für ihn «der beste Ort zum Leben in der Schweiz. Die Stadt ist klein genug, um alles zu Fuss zu erreichen, aber kulturell vielseitig, und es gibt gute Restaurants. In kürzester Zeit ist man auf dem Gipfel des Niesen, in Frankreich, Italien oder Deutschland.» Ganz abgesehen von der Aare, wo der Autor im Sommer jeden Tag einen Sprung ins kühle Nass macht. Ein neues Buch in Aussicht? «Zuerst will ich mal etwas durchatmen.» Aktuell plant er, das Schweizer Bürgerrecht zu beantragen. «Ich zahle Steuern hier, ich bin ein Teil der Gemeinschaft. Und ich will abstimmen. Mein Leben ist in der Schweiz.»
Erfahre mehr über Diccon Bewes: www.dicconbewes.com