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«Big Five» der Schweizer Alpen

Mit etwas Glück stossen Sie in den Schweizer Alpen auf Murmeltier, Bartgeier, Luchs, Wolf und Steinbock. Erfahren Sie mehr über die Schweizer «Big Five».

1. Das Murmeltier

Das Murmeltier mit seinen charakteristischen Pfiffen ist spätestens seit Heidi ein Begriff. «Das Murmeltier ist das grösste Nagetier der Alpen», erklärt Jürg Paul Müller, ehemaliger Direktor des Naturhistorischen Museums Graubünden.

Es hat einen dicken Bauch und schwarze Knopfaugen. Seine Fettschicht hilft, Wunden zu heilen, die ihm Artgenossen bei Revierkämpfen zufügen. 

Die Nager sind in den Bündner, Walliser und Berner Alpen auf Wiesen zwischen 1100 und 3000 m ü. M. zu finden. Männchen, Weibchen und Jungtiere bis zwei Jahre leben in Familienverbänden zusammen. «Murmeltiere sind im Sommer sehr aktiv und halten einen Winterschlaf. Sie graben einen Bau, da sie weder Hitze noch Kälte mögen. Damit können sie sich auch vor Adler und Fuchs schützen, die ihr Fleisch lieben», sagt Jürg Paul Müller. «Das Murmeltier ernährt sich nur von Pflanzen, die ungesättigte Fettsäuren enthalten. So kann es seine Körpertemperatur das ganze Jahr über regulieren», weiss der auf Kleinsäuger spezialisierte Biologe. 

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2. Der Bartgeier

Gypaète barbu
©Burkardt Marcel

 

Der Bartgeier, auch als König der Alpen bekannt, galt zu Unrecht als Kinder- und Lämmerräuber. Chloé Pang, Mitarbeiterin bei der Schweizerischen Vogelwarte, erklärt:

Der Bartgeier ist ein sehr eindrucksvoller Vogel. Seinen Namen hat er von seinem borstenartigen Bart, für den die Wissenschaft noch keine Erklärung hat.

Der grösste tagaktive Greifvogel der Schweiz hat eine Flügelspannweite von 2,5 m und wiegt bis zu 7 kg. Der Aasfresser, der zur gleichen Familie wie Adler und Geier gehört, ernährt sich von den Knochen toter Gämsen, Steinböcke und Hirsche. «Er polstert seinen Horst mit dem Fell verendeter Tiere. Das hat ihm den Ruf des Lämmerdiebs eingebracht», erzählt die diplomierte Umweltwissenschaftlerin. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Bartgeier in den Alpen systematisch gejagt und ausgerottet, begünstigt durch das erste Jagdgesetz, das seine Ausrottung vorsah. 1991 wurde er in der Schweiz wieder angesiedelt. Heute gibt es 21 Brutpaare. Im Alpenraum werden jedes Jahr 15 bis 20 Bartgeier geboren. Mit etwas Glück kann man im Engadin oder im Wallis Bartgeier sehen. Der Aasfresser hat eine wichtige Funktion in den Alpen. «Indem er Knochen frisst, beseitigt er Krankheitserreger und beugt Epidemien vor», sagt Chloé Pang.

3. Der Luchs

lynx/bobcat

Der Luchs gehört zur gleichen Familie wie Katze, Löwe und Tiger. Zum Überleben braucht er durchschnittlich ein Reh pro Woche. Er hat ein schwarz geflecktes, gelbbraunes Fell, charakteristische Pinselohren und einen kurzen Schwanz. Simon Capt, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Info Fauna erklärt:

Luchse bekommt man selten zu Gesicht. Im Winter ist es leichter, weil man ihre Spuren im Schnee sieht, und auch das Fell ist unverwechselbar

In der Schweiz gibt es etwa 250 Luchse, die im Jura und in den Alpen leben. Erwachsene Tiere sind etwa so gross wie ein Dalmatiner und wiegen zwischen 18 und 25 kg. «Luchse sind Einzelgänger und leben in Streifgebieten, die zwischen 40 und 100 km2 gross sind. Männchen und Weibchen kommen nur in der Paarungszeit zusammen», weiss der Experte. «Sie riechen dank Urinmarkierungen, ob sich andere Luchse in der Gegend aufhalten. Männchen dulden Weibchen, aber keine männlichen Artgenossen in ihrem Revier.» Der Luchs ist ein Fleischfresser und jagt ab dem Alter von zehn Monaten. Dann verlässt er seine Mutter und sucht ein eigenes Revier. «Er kann seiner Beute stundenlang auflauern, bevor er angreift. Er frisst vor allem Rehe, Gämsen, Hasen und Füchse», ergänzt der Biologe. Wenn der Luchs einem Menschen begegnet, beobachtet er ihn, greift aber nicht an, da Menschen nicht zu seinem Beutespektrum gehören. «Er hat zwar einen beeindruckenden Körperbau, aber ein Wildschwein ist gefährlicher», erklärt Capt.

4. Der Wolf

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Der Wolf verschlingt anders als im Märchen «Rotkäppchen» weder Grossmütter noch kleine Mädchen. Der biologische Vorfahre des Hundes lebt hauptsächlich in Rudeln. «Der erste Wolf, der in die Schweiz zurückkehrte, wanderte 1995 ins Wallis ein», erzählt Manuela von Arx, Projektverantwortliche beim Forschungsprogramm KORA. «Das erste Rudel bildete sich jedoch erst 2012.» Der Wolf wurde mit dem Verschwinden von Wäldern und Beutetieren aus der Schweiz und aus Europa verdrängt. In den 1970er-Jahren erholte sich die Population und breitete sich zunächst in Italien und danach in Frankreich aus. Über die Alpen kehrte der Wolf dann in die Schweiz zurück.

Im Jahr 2020 gab es in der Schweiz elf Rudel, wovon sechs im Kanton Graubünden. Die übrigen leben in anderen Regionen der Alpen und eines im Waadtländer Jura.

«Die Jungtiere verlassen das Rudel im Alter von einem Jahr, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Dabei legen sie weite Strecken zurück, und die Sterblichkeitsrate ist in den ersten Jahren sehr hoch. Verbringt ein Tier mehr als ein Jahr am gleichen Ort, so bleibt es meistens sein Leben lang dort. Ausschlaggebend ist das Nahrungsangebot. Ein erwachsenes Tier benötigt 3 bis 5 kg Fleisch pro Tag», sagt Manuela von Arx. Auf dem Speiseplan des Wolfs stehen Hirsche, Rehe, Gämsen, Wildschweine und manchmal auch Füchse. «Der Wolf ist ein Opportunist. Er reisst, was er mit dem geringsten Aufwand erwischt. Deshalb greift er auch Schafe und Ziegen an, wenn die Herde durch Mensch oder Hund nicht ausreichend geschützt wird. Es gibt keine aggressiven Wölfe in der Schweiz», erklärt Manuela von Arx. 

5. Der Steinbock

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Der Steinbock sieht aus wie eine grosse, kräftige Ziege mit einem langen, gebogenen Gehörn und lebt in felsigen Gebirgshängen. «Die Hörner der männlichen Tiere werden bis zu 1,10 m lang», sagt Nicolas Bourquin, Chef der Dienststelle für Jagd, Fischerei und Wildtiere des Kantons Wallis. «In der Paarungszeit stellen sich die Böcke auf die Hinterbeine und lassen dann die Hörner gegeneinander prallen. Mit diesen imposanten Kämpfen machen sie die Rangordnung unter sich aus. Nur dominante Männchen kommen zur Fortpflanzung», erzählt er. Geissen und Böcke derselben Kolonie kommen nur während der Brunftzeit Ende Jahr zusammen. Die Kitze werden zwischen Mai und Juni geboren und bleiben bei der Mutter. «Manchmal sieht man sogar an Staumauern Steingeissen mit ihren Jungen. Dank ihren speziellen Hufen haben sie auch in fast senkrechten Wänden guten Halt», erklärt der Biologe. Steinböcke sind Pflanzenfresser und ernähren sich von Gras und Kräutern. Sie sind im ganzen Alpenraum in hohen Lagen anzutreffen. «Ende des 19. Jahrhunderts war das Steinwild in der Schweiz ausgerottet. 1906 wurden zwei Kitze von einem Italiener in die Schweiz geschmuggelt und in den St. Galler Wildpark gebracht. Heute gibt es etwa 18’000 Tiere in der Schweiz», sagt der Wildtierexperte. Nicolas Bourquin fügt hinzu:

Der Steinbock ist ein majestätisches und mächtiges Tier, das geschützt ist. Er ist auch als König der Alpen bekannt. Der Steinbock hat kaum natürliche Feinde. Kitze können dem Steinadler oder dem Wolf zum Opfer fallen, aber dieser legt sich nicht mit einem dominanten Männchen an. Wenn ein Steinbock verfolgt wird, rennt er nicht weg. Er zieht sich ruhig in unzugängliche Höhenlagen zurück.