Ein Schweizer Start-up-Unternehmen entwickelt eine neue Generation von Tennisplätzen
Technis hat eine berührungsempfindliche Oberfläche entwickelt, die es erlaubt, alle Positionen des Balls und alle Bewegungen der Spieler auf dem Platz aufzuzeichnen. Die Informationen werden in Echtzeit auf dem Bildschirm angezeigt.
Innovation und Tennis: zwei Bereiche, in denen die Schweiz erfolgreich ist. Die Schweiz steht in den internationalen Rankings bezüglich Wettbewerbsfähigkeit ganz vorne, und ihre Weltklasse-Tennisspieler müssen nicht mehr vorgestellt werden: Roger Federer und Stanislas Wawrinka, die 2014 den ersten Davis-Cup-Sieg für die Schweiz holten, oder «Prinzessin» Martina Hingis, die jüngste Nummer eins im Frauentennis, haben Tennisgeschichte geschrieben (und tun dies immer noch). Es ist kein Zufall, wenn ein Schweizer Start-up-Unternehmen die Tennisplätze revolutioniert.
An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL), einer der renommiertesten Universitäten der Schweiz, entwickelte Technis eine berührungsempfindliche Oberfläche, die aus Tennisplätzen interaktive Spielfelder macht. Die bisher geheim gehaltene Technologie eignet sich für die am häufigsten verwendeten Tennisplätze, nämlich jene mit Kunstrasen oder Kunstharzbelag.
Alles wird aufgezeichnet, die Auftreffpunkte der Bälle ebenso wie die Bewegungen der Spielerinnen und Spieler. Die Daten werden in Echtzeit auf einem Bildschirm am Rand des Tennisplatzes angezeigt, der auch die Funktion eines Schiedsrichters übernimmt. Eine App ermöglicht es den Spielerinnen und Spieler ihre Leistungen langfristig einzusehen, Tennis-Partnerinnen und Partner zufinden sowie ihre Spielergebnisse zu teilen.
Eine Leidenschaft für Tennis
Das Projekt entstand 2014, zwischen einem Ballwechsel zwischen Wiktor Bourée und Martin Hofmann, beide Ingenieure, beide leidenschaftliche Tennisspieler. «Wir spielten oft zusammen, aber uns fehlte ein Schiedsrichter, die Kontrolle an der Linie und etwas mehr Fun», erklärt der 24-jährige Wictor Bourée. Die beiden Freunde gründeten mit Naïk Londono, einem ehemaligen Profi-Spieler und Ingenieur, den Martin Hofmann in einem «Start-up-Camp» im Silicon Valley getroffen hatte, die Firma Technis.
Der Erfolg liess nicht auf sich warten. Technis hat bereits Preise gewonnen, u. a. den mit 50‘000 Franken dotierten Swiss-Startups-Award im Oktober 2015. «Die Wettbewerbe brachten uns etwas Geld und bestätigten uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind», meint Wiktor Bourée. Das Unternehmen erhielt weitere finanzielle Unterstützung, namentlich ein Innovationsstipendium der ETHL, ein sogenanntes Innogrant. Heute beschäftigt es elf Personen und arbeitet mit verschiedenen Partnern zusammen, darunter Tennisclubs und Hersteller von Tennisplätzen. Zurzeit wird nach Investoren gesucht.
«Jeder Punkt zählt»
Das Start-up-Unternehmen richtet sich in erster Linie an die Amateurspieler, die nicht über die Video-Technologien der Profis verfügen, wie zum Beispiel das Hawk-Eye. «Im Tennis zählt jeder Punkt, und die Präzision an der Linie ist matchentscheidend», sagt Wiktor Bourée. Der Jungunternehmer will nicht die Schiedsrichter ersetzen, zudem erinnert er daran, dass sie bei Amateur-Turnieren meist fehlen. Verschiedene Schweizer Tennisclubs haben bereits Interesse bekundet. Technis steht auch mit den Verbänden in Kontakt und plant eine rasche Expansion ins Ausland.
Auf die Frage, ob in Zukunft die kameragestützten externen Systeme an den grossen Tennisturnieren durch andere Systeme ersetzt werden sollen, antwortet Wiktor Bourée: «Unser erstes Ziel sind nicht die US-Open, auch wenn das natürlich genial wäre“. Er unterstreicht den interaktiven und unterhaltsamen Aspekt der Technis-Technologie im Vergleich zu den heute vorhandenen passiven Systemen. «Man kann sich damit ehrgeizige Ziele setzen, zum Beispiel beim Aufschlag darauf hin trainieren, einen auf dem Bildschirm ausgewählten Punkt auf dem Spielfeld zu treffen. Das Ergebnis erscheint sofort.» Es ist sogar denkbar, dass der Tennisplatz zu einem Bildschirm wird. «Wir arbeiten daran.»
Tennisnation Schweiz
Technis kann davon profitieren, dass die Schweiz eine Tennisnation ist. «Für ein Start-up-Unternehmen ist es sicher ein Plus, aus einem Land zu sein, das Weltklassespieler wie Federer, Wawrinka oder Bacsinszky hat», sagt Wiktor Bourée voller Begeisterung. Er unterstreicht auch, dass es wichtig ist, über eine «Schweizer Qualitätstechnologie» zu verfügen.
Die Vermarktung soll 2016 beginnen. Ein erstes Testspielfeld soll 2016 in der Romandie installiert werden. «Es wird eine Live-Vorführung sein», sagt Wiktor Bourée. «Danach wollen wir möglichst viele Tennisplätze mit dieser Technologie ausstatten.» Der Ingenieur denkt aber bereits weiter: «Die von uns entwickelte intelligente Oberfläche könnte viele Anwendungen finden.» Mit anderen Worten: Technis könnte weitere Sportarten ins Visier nehmen ...