Elmar Mock © European Patent Office

Elmar Mock - den Erfindergeist im Blut

«Durch das Aneinanderreihen von Erfindungen, von denen eine die andere ermöglicht, trägt die Innovation zum gesellschaftlichen Fortschritt bei» sagt der Schweizer Ingenieur Elmar Mock. Porträt des Mitentwicklers der Swatch und «Serienerfinder».

Seine schulische Laufbahn war von einer schweren Dyslexie überschattet. Elmar Mock verhehlt es nicht; er war ein sehr schlechter Schüler. «Ich habe die 9 Jahre obligatorische Schule in 11 Jahren absolviert», präzisiert er. Dieser Hindernislauf hat ihn geprägt und die Grundlage zu seiner Erfinder-DNA gelegt. «Von Kind an habe ich gelernt, mit Misserfolgen zu leben, in einer Welt voller Unsicherheiten, in der nichts planbar ist.» Seit seiner Geburt 1954 in La Chaux-de-Fonds als Sohn einer Walliserin und eines Österreichers wirkt sein Leben bis heute ein wenig wie ein Labyrinth. Er geht ungewohnte Wege und plant nie etwas, weil er seine Neugier nicht verlieren und sich seine Offenheit erhalten will. «Erfinden ist eine Art Entdecken. Man sucht, ohne zu wissen, ob das, was man findet, eines Tages von Nutzen sein wird. Doch unsere Gesellschaft erwartet, dass wir an morgen denken, dass wir planen. Immer. Unaufhörlich. Dieses Planen zerstört die Innovation», fügt er an.

Swatch 1983

Vater der Swatch

Der Entwickler hingegen weiss, dass das Morgen anders ist als das Heute. Dennoch hätte kein Lehrer darauf gewettet, dass aus Elmar Mock einmal einer der begabtesten Erfinder seiner Generation wird. Zuerst macht er eine Ausbildung als Uhrmacher, dann als Kunststoffingenieur und bewirbt sich auf seine erste Stelle bei ETA in einem Team von jungen Ingenieuren. Das war Ende der 1970er Jahre. Unser künftiger Erfinder fühlt sich in den Unternehmensstrukturen nicht wohl. Daher umgibt er sich mit vielseitig Begabten wie er selbst, Menschen, die mit den Erwartungen der Unternehmenswelt wenig anfangen können. Diese gemeinsame Arbeit ist die Grundlage von allem bei Elmar Mock. «Ich entwickle eine Hyperaktivität für die Zusammenarbeit mit den andern», sagt er. «Damit vermeide ich, dass Routine aufkommt.»

Dank dieser Zusammenarbeit erfindet er gemeinsam mit dem Uhrmacher Jacques Müller 1980 die berühmte Swatch. Sie geniessen die Unterstützung des damaligen ETA-Präsidenten, Ernst Thomke. Die Idee besteht darin, eine Ultraschall-Schweisstechnik zu entwickeln, mit der die Swatch-Armbanduhr hergestellt werden kann. Es handelt sich um eine eigentliche Revolution in der Uhrenindustrie, die den Weg ebnet für eine neue Generation von analogen (mit Zeigern), designbetonten elektronischen Uhren für ein breites Publikum. Von da an erlebte die Schweizer Uhrenindustrie nach mehreren Krisenjahren tiefgreifende Veränderungen.

Erste Skizze der Uhr “Vulgaris” (27. März 1980), die zur heutigen Swatch wurde
Erste Skizze der Uhr “Vulgaris” (27. März 1980), die zur heutigen Swatch wurde © Elmar Mock

Diese Technik beschäftigt Elmar Mock auch bei seinen späteren Projekten und er findet weitere Anwendungsbereiche: Knochenchirurgie, Entwicklung von wassersparenden Lavabos, Herstellung von Minipiezometern. Sie wird auch zum Fundament seiner Firma Creaholic, die innovative Technologien für über 200 Kunden entwickelt und aus der bis heute neun erfolgreiche Unternehmen hervorgegangen sind.

Innovation als Beruf

Die 1986 in Biel gegründete Creaholic ist ein Ideenlabor bestehend aus freien Elektronen, Erfindern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich «ein Gerät auszudenken, von dem wir noch nicht wissen, dass es uns bald unverzichtbar erscheint», lacht Elmar Mock. «Durch das Aneinanderreihen von Erfindungen, von denen eine die andere ermöglicht, trägt die Innovation zum gesellschaftlichen Fortschritt bei», fügt er an. Creaholic zählt heute rund fünfzig Forscherinnen und Forscher aus ganz verschiedenen Bereichen. Im Lauf der etwas über dreissig Jahre wurden die Erfindungen von Creaholic in 178 Patentkategorien geschützt. «Diese Erfolgsbilanz ist die Frucht der gemeinsamen Arbeit: Ein Erfinder ist niemals allein; wenn er eines Tages ins Rampenlicht tritt, verdankt er es einem ganzen Team», insistiert er.

Creaholic
Creaholic in Biel © Creaholic

Es ist also der Forscher, der Pionier, aber auch der Netzwerker, der mit der Nomination für den renommierten Preis des Europäischen Patentamtes in der Kategorie «Lebenswerk» honoriert wird. Elmar Mock hat nicht damit gerechnet und das ist keine falsche Bescheidenheit. Beinahe hätte er es gar nie erfahren, denn der Brief des Amtes, in dem seine Nomination angekündigt wurde, wäre um ein Haar im Papierkorb gelandet. Der 2006 geschaffene Europäische Erfinderpreis ist gemäss dem Europäischen Patentamt einer der angesehensten Preise seiner Art und würdigt die Kreativität der Erfinderinnen und Erfinder auf der ganzen Welt. Sie alle sind in ganz verschiedenen Bereichen tätig und werden unterschiedlichen Kategorien wie Industrie, Forschung, KMU und Lebenswerk zugeordnet.

Ein Lebenswerk wird honoriert

Elmar Mock, der einzige Schweizer unter den vierzehn Finalisten, sucht das Rampenlicht nicht. «Erfinder bleiben die meiste Zeit im Hintergrund», präzisiert er. Doch dank dieser Aufmerksamkeit kann er der Jugend eine Botschaft vermitteln: «Ich will ihnen sagen: Macht weiter, schaut euch an, was bereits realisiert wurde, und entdeckt, schafft Neues!» Der Auswahlprozess basiert auf der Arbeit von Expertinnen und Experten des Europäischen Patentamts. Doch am Schluss ist es eine unabhängige internationale Jury, die beim grossen Finale vom 15. Juni 2017 in Venedig den Preisträger oder die Preisträgerin bestimmt. Die Innovationen werden nicht nur nach ihrer technischen Originalität, sondern auch nach ihren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen beurteilt. Bei diesem Preisausschreiben gibt es auch einen Publikumspreis. Jede Person kann bis zum 11. Juni 2017 täglich für ihre Favoriten stimmen.

Elmar Mock

Während der Entscheid näher rückt, bleibt Elmar Mock ruhig. Für ihn ist die Nomination eine angenehme Überraschung. «Ich freue mich vor allem darauf, in Venedig zu feiern», erklärt er. Wie üblich macht er auch keine Zukunftspläne. «Ich weiss nicht, welches meine nächsten Steckenpferde sind. Ich lasse mich gerne treiben», fügt der Erfinder an, der sich nie ganz von der Uhrenindustrie abgewendet hat. Elmar Mock beobachtet die durch die Vernetzung ausgelösten Umwälzungen in dieser Branche mit Wohlwollen. «Damals war die Uhr der Taktgeber für den Tag. Sie gab ihm den Rhythmus. Heute wird der Tag anders organisiert. Die Zeit bleibt die gleiche für alle, doch der Einsatz der Uhr und der Ort, an dem man sie zu tragen pflegte, werden sich verändern.» Er erklärt: «Das Handgelenk wird nicht mehr die einzige Körperstelle sein, auf der man die Zeit abliest. Die Uhr ist damit nicht mehr durch den Ort bestimmt, wo man sie trägt.» Der 63-jährige Elmar Mock ist weiterhin sehr offen für den gesellschaftlichen Wandel: die richtige Lebenseinstellung, um immer weiterzukommen.

Stimmen Sie für Elmar Mock einmal am Tag bis am 11. Juni!