EVE online

MMOS: Schweizer Start-up führt Forschung und Videogames zusammen

Das 2014 gegründete Schweizer Start-up MMOS entwickelt eine Plattform, die Forschungsdaten und Videogames verbindet. Spielerinnen und Spieler können sich ganz in ihr Lieblingsgame vertiefen und gleichzeitig einen Beitrag zur Proteomik- oder Exoplaneten-Forschung leisten.

Eine verrückte Idee...

Die Erfindung des Reissverschlusses ist ein Paradebeispiel für das Schweizer Talent, aus verrückten Ideen sinnvolle Produkte zu machen. Eine andere verrückte Idee – eine, die vor unserem digitalen und vernetzten Zeitalter undenkbar gewesen wäre – ist das Crowdsourcing komplexer wissenschaftlicher Probleme in Videospielen. Bei einem Glas Fendant auf einem Balkon in Genf beschlossen Attila Szantner, ein ungarischer IT-Unternehmer und grosser Fan der Schweizer Alpen, der heute in der Schweiz wohnt, und der gebürtige Walliser Bernard Revaz , ein Physiker, Forscher und erfahrener Unternehmer, diese Idee in die Realität umzusetzen.

Attila Szantner et Bernard Revaz
Attila Szantner und Bernard Revaz, Gründer von MMOS

 

Projet Discovery

MMOS und die Forschung

Ihr 2014 gegründetes Start-up MMOS entwickelt eine Plattform, die Forschungsdaten und Videogames zusammenführt. Spielerinnen und Spieler können sich dabei vollständig in ihre Lieblingsgames vertiefen und gleichzeitig zur Proteomik- oder Exoplaneten-Forschung beitragen. Im März 2016 wurde das Konzept « Project Discovery » in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Forschungsprojekt «Human Protein Atlas» erstmals in einem Computergame umgesetzt, dem Massively Multiplayer Online Game «Eve Online». Innerhalb weniger Monate haben Zehntausende von Spielenden über zehn Millionen Klassifikationen von Proteinen durchgeführt. Dieser Erfolg bestätigt die ursprüngliche Annahme, dass Videospielende einen wesentlichen Beitrag zu Wissenschaft und Forschung leisten können, und macht «Project Discovery» gleichzeitig zu einem der bedeutendsten Citizen-Science-Erfolge. In nur drei Monaten hat «Project Discovery» Game-Geschichte und Citizen-Science-Geschichte geschrieben.

EVE online
EVE Online - Weltraum-Flugsimulation

Eine Weltpremiere
 

Dies ist das erste Mal, dass ein sogenanntes Serious Game Teil eines Mainstream-Videospiels ist, das erste Mal, dass eine aktive Wissenschafterin ein Cyber-Alter-Ego in einem Videogame hat, und das erste Mal, dass Bilder aus einem Videogame in renommierten Wissenschaftsmagazinen publiziert wurden. Das Projekt ist nicht nur wichtig wegen der enormen Datenmenge, die von der Spielergemeinde generiert wird, es ist wahrscheinlich auch die grösste wissenschaftliche Öffentlichkeitsoffensive im Bereich der Zellbiologie in jüngster Zeit. Zehntausende Spielende haben erste Erfahrungen in der Analyse von Mikroskopiebildern erworben. Sie brachten ihre Begeisterung über «Project Discovery» zum Teil in unkonventioneller Form zum Ausdruck, etwa mit einem Gedichtwettbewerb.

Das Projekt Discovery

«Project Discovery» stiess auf ein positives Echo bei renommierten Wissenschaftsmagazinen wie Nature Methods und Nature Biotech, , aber auch bei Mainstream-Medien wie der Neue Zürcher Zeitung, The New Yorker, The Independent, Wired und vielen anderen.

Im Mittelpunkt des Projekts MMOS steht die Erstellung von Plattformen, über die Fachleute und Laien den Austausch pflegen und zusammenarbeiten können. Zusammen mit der Universität Genf erweitert MMOS dieses Kernkonzept nun auf die Massive Open Online Courses (E-Learning). Dadurch können Online-Studierende des «Diversity of Exoplanet»-Kurses die Forschung ihres Professors unterstützen. Die Universität Genf verspricht sich von diesem Projekt eine Motivationssteigerung bei den Studierenden, eine stärkere Verbundenheit der Studierenden mit der Universität und eine Senkung der Studienabbrecherquote.

Endlose Ressourcen

Nach Szantner and Revaz sind die Anwendungsmöglichkeiten für solche Online-Aktivitäten praktisch unbegrenzt. In Frage kommen alle Bereiche, in denen verteilte menschliche Intelligenz zur Lösung komplexer Probleme beitragen kann: neben der wissenschaftlichen Forschung z. B. auch Geistes- und Umweltwissenschaften, Technik, und Politik. Sie gehen davon aus, dass dies eine zentrale Komponente jeder künftigen Online-Community sein wird.

Die Schaffung solcher Räume, in denen unterschiedlichste Gemeinschaften ihr Potenzial entfalten können, ist nichts Neues, sie geht auf eine jahrhundertealte Tradition der Schweiz zurück.

Project Discovery Team
Discovery projekt Team