Die Schweizer Mars-Kamera CaSSIS
Seit 2018 umrundet die CaSSIS-Kamera auf einer Raumsonde den Planet Mars, um diesen zu fotografieren. Sie hat bereits mehr als 30’000 Bilder an die Erde gesendet. Die von der Universität Bern entwickelte Kamera liefert spektakuläre Ansichten vom Mars, die international grosse Beachtung gefunden haben.
Die CaSSIS-Kamera umkreist seit 2018 den Mars. Dieses 5,5kg schwere Wunderwerk der Schweizer Technologie befindet sich damit rund 76 Millionen Kilometer von seinem Geburtsort, der Universität Bern, entfernt.
Ein kleines technisches Wunderwerk
Das Colour and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS) ist das Werk von Nicolas Thomas, Professor am Physikalischen Institut der Universität Bern, und seinem Forschungsteam. Die CaSSIS-Kamera startete im März 2016 mit der Raumsonde ExoMars Trace Gas Orbiter (EMTGO) ihre zweijährige Reise zum Mars. Seit ihrer Inbetriebnahme am 21. April 2018 sendet sie unablässig Bilder zur Erde.
Die Raumsonden, die den Mars umrunden, können Bilder in einer Auflösung liefern, die mehr als tausendfach höher ist als jene von Teleskopen auf der Erde oder in einer Erdumlaufbahn. Die CaSSIS-Kamera liefert 3D-Stereoansichten, wodurch wir die topografischen Gegebenheiten vor Ort erkennen können.
Nicolas Thomas, Professor am Physikalischen Institut der Universität Bern
Im März 2019 fertigte die Kamera erstmals ein Bild von der Marslandung des Landers InSight der amerikanischen Weltraumorganisation NASA an. Die Bilder von September 2019 lieferten dann Informationen über Gasexplosionen in den Dünenregionen, den Klimawandel und die Trockenlawinen auf dem Mars. Die Aufnahmen zeugen von den beeindruckenden wissenschaftlichen Potenzial des Berner Kamerasystems.
CaSSIS hilft bei der Suche nach Landeplätzen
Das Team entschlüsselt mithilfe von CaSSIS aktive Geysirstrukturen auf der südlichen Hemisphäre des Mars. «Einige dieser Geysire haben eine Höhe von 140 Metern, was dem Jet d’Eau in Genf entspricht. Doch diese Geysire sind von Gasvorkommen verursacht und sehr schwierig zu erkennen.»
Die CaSSIS-Bilder vom Marskrater Oyama sind beeindruckend: «Die verschiedenen Schichten der Kraterwände sind deutlich erkennbar und quasi ein Fenster in die Vergangenheit des Planeten», so Nicolas Thomas.
Derartige Gebiete sind für die künftige Erforschung des Mars besonders interessant, da sie angesichts der Wasservorkommen Spuren vergangenen Lebens enthalten könnten. Die CaSSIS-Bilder helfen dabei, potenzielle Landezonen zu erkunden und die Erforschung des Mars voranzutreiben.
Der Mars mit all seinen Konturen
Die Berner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhalten von der Sonde jeden Tag rund 20 Bilder der Marsoberfläche. Auf diese Weise sind bereits 30’000 Bilder zusammengekommen. Diese Aufnahmen, von denen rund 60 bis 70% wissenschaftlich verwertbar sind, decken bereits 3% der Marsoberfläche ab. CaSSIS ist so konzipiert, dass auch 3D-Aufnahmen möglich sind: Dank eines komplexen Rotationssystems kann sich die Kamera drehen und so den gleichen Ort aus zwei verschiedenen Perspektiven fotografieren. Diese Technik braucht allerdings relativ viel Energie, weshalb sie, um die Akkus zu schonen, nur zurückhaltend eingesetzt wird.
CaSSIS nimmt den Mars mit all seinen Konturen auf: seine erodierten Landschaften, seine Krater und Vulkane verschiedenster Grösse, seine ausgetrockneten Seen und kolossalen Sanddünen sowie seine Eisflächen, Staubstürme und Lawinen. Die Bilder zeigen den Planeten allerdings nicht in seinen echten Farben. Das Rohmaterial, das auf der Erde ankommt, wird nachbearbeitet und koloriert, um die Oberflächenstruktur des Mars hervorzuheben. Unter Verwendung der Daten aus der wissenschaftlichen Analyse werden die Unterschiede farblich betont, um die verschiedenen Gesteinsarten und die spektrale Variabilität zu verdeutlichen. Die Geologinnen und Geologen können dann die Aufnahmen im Hinblick auf die Mineralogie und Lithologie der Marskruste untersuchen. Diese Bilder, die eigentlich für die Wissenschaft angefertigt werden, sind gleichzeitig aber auch von einer unglaublichen abstrakten Schönheit!
Weitere Aufnahmen von CaSSIS finden sich auf der Website der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Westschweizer Zeitschrift «L’Illustré» (Bertrand Cottet, April 2022), in Absprache mit der Universität Bern überarbeitet, März 2023