Sprühdrohne über Schweizer Weinbergen

Drohnen im Rebberg

In Vevey findet vom 18. Juli bis zum 11. August 2019 die Fête des Vignerons statt. Das berühmte Winzerfest ist in der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen und ist eine Hommage an die Weinbäuerinnen und Weinbauern des Waadtländer Lavaux. Tradition schliesst Innovation nicht aus. Im Gegenteil, wie beispielsweise der Einsatz von Drohnen zum Beschwefeln von Reben beweist. Diese neue Technologie ist präzise, praktisch und umweltschonend.

Von Weitem sieht die Drohne wie ein Insekt mit sechs Beinen aus, von Nahem wie ein Hightech-Fluggerät. Die Sprühdrohne dürfte man in Zukunft des Öfteren über den Schweizer Weinbergen sichten. Vor zwei Jahren erhielt das Walliser Start-up Agrofly als erstes Unternehmen in Europa eine offizielle Betriebsbewilligung für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln mit Drohne. Heute dürfen fünf Schweizer Unternehmen Sprühdrohnen einsetzen.

 

Sprühdrohne über Schweizer Weinbergen

Präzise Technik

Die ersten Prototypen wurden 2016 in den Walliser Rebbergen getestet. 2017 erhielt Agrofly vom Bundesamt für Zivilluftfahrt, vom Bundesamt für Umwelt und vom Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung grünes Licht für die Markteinführung dieses neuartigen Geräts. Die Drohne, auf der ein äusserst präzises Sprühsystem angebracht ist, wiegt rund vierzig Kilo, inklusive zwanzig Kilo auszubringendem Pflanzenschutzmittel. Sie besteht aus Karbon und Aluminium, hat sechs Arme und sechs Propeller sowie eine Spannweite von zwei Metern. Die Montage dauert eine Woche. Das Gerät entspricht einem konkreten Bedürfnis der Landwirtschaft. «Die Sprühdrohne kann auch in schwer zugänglichen Lagen eingesetzt werden, wo Traktor, Raupenfahrzeug oder Helikopter nicht geeignet sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen 85 und 100 Prozent des von einer Drohne versprühten Mittels die Kulturen erreichen, während es beim Helikoptereinsatz nur 30 bis 40 Prozent sind», erklärt Didier Berset, Generaldirektor von Agrofly. Dank dieser Präzision brauchen einerseits die Landwirte weniger Pflanzenschutzmittel und andererseits verhindert die gezielte Besprühung, dass Strassen, Gewässer und andere Flächen kontaminiert werden.

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Praktisch und umweltschonend

Die Sprühdrohne fliegt eineinhalb Meter über dem Boden. Sie folgt einer Reihe von Rebstöcken und wendet dann zur nächsten. Das Fluggerät hat eine Autonomie von zwanzig Minuten und wird von einem Ingenieur programmiert, der die zu besprühende Parzelle am Computer modelliert. Laut Jean-Philippe Burdet, Leiter Forschung und Entwicklung an der Hochschule für Weinbau und Önologie in Changins «verbessern sich die Steuerung, die Zuverlässigkeit und die Leistung der Drohne laufend. Das Gerät funktioniert. Das Ausbringen des Pflanzenschutzmittels auf die Trauben muss noch optimiert werden. Die Technologie ist jung, das Verbesserungspotenzial hoch.»

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«Die Sprühdrohne ist ein grosser Vorteil für die Menschen, aber auch für die Umwelt», sagt Pierre-Henri Dubuis, Phytopathologe bei Agroscope. «Die Drohne wird an einem sicheren Ort befüllt und anschliessend ferngesteuert, wodurch sich die Exposition der Weinbauern gegenüber den Pflanzenschutzmitteln drastisch reduziert». Die Präzision der Drohne schont ausserdem die Umwelt, weil es kaum Abdrift gibt.» Die Aspekte Fernsteuerung und Umweltschutz überzeugen die Landwirtinnen und Landwirte, die das Gerät nutzen. «Dank der Drohne kommen wir nicht mehr in direkten Kontakt mit den chemischen Substanzen, was für unsere Gesundheit ein grosser Vorteil ist. Sie ist ausserdem leise, sodass wir sie auch ohne Lärmbelästigung in der Nähe von Wohnhäusern einsetzen können», erklärt ein Weinbauer aus dem Wallis. Neben der neuen Technik bleibt der Traktor jedoch das wichtigste Arbeitsgerät in leicht zugänglichen Lagen. Laut Jean-Philippe Burdet könnten hingegen in wenig mechanisierten Rebbergen bis 2025 oder 2030 nur noch Drohnen statt Helikopter zum Einsatz kommen.

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Schweiz ist Vorreiterin in Europa

Agrofly ist das erste Unternehmen, das in Europa eine Betriebsbewilligung zum Sprühen von Flüssigkeiten mit einem unbemannten Luftfahrzeug erhielt, und zugleich ist die Schweiz auch Vorreiterin in Sachen Reglementierung. Sie hat nicht nur rasch die rechtliche Grundlage für diese landwirtschaftliche Praxis geschaffen, sondern im März 2019 auch ein vereinfachtes Verfahren eingeführt. «Das neue Verfahren erlaubt das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln aus geringerer Flughöhe als dies bei Helikoptern der Fall ist. Zudem muss dies nicht von Experten überprüft werden», sagt Nathanel Apter vom Bundesamt für Zivilluftfahrt. Der europaweit einzigartige Rechtsrahmen der Schweiz findet immer mehr Zuspruch. Aktuell verfügen zwei Westschweizer und drei Deutschschweizer Unternehmen über eine Bewilligung zum Sprühen von Pflanzenschutzmitteln mit Drohne. Laut Bundesamt für Zivilluftfahrt dürfen es im Verlauf der nächsten Monate beträchtlich mehr werden.

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