Wilhelm Tell, weltbekanntes Schweizer Symbol für Freiheit
Die Geschichte von Wilhelm Tell gehört zu den Gründungsmythen der Schweiz. Erstmals erwähnt wurde Tell im Weissen Buch von Sarnen, einem 1470 erschienenen Kanzleibuch. Durch das Theaterstück «Wilhelm Tell» des deutschen Dichters Friedrich von Schiller wurde der Freiheitskämpfer später einem breiten Publikum bekannt. Die Geschichte eines unerschrockenen Schweizer Helden.
Im Jahr 1291 hatten die Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden genug von den Habsburgern, einem mächtigen Fürstengeschlecht aus Österreich, das damals weite Teile Europas beherrschte. Sie schlossen sich zum Bund der drei Orte zusammen und schworen einander ewigen Beistand gegen alle, die ihnen Schaden zufügen wollten. Mit der Unterzeichnung des Bundesbriefs um den 1. August 1291 erklärten sie sich offiziell für unabhängig. Deshalb wurde der 1. August später zum Nationalfeiertag erklärt.
Die von den Habsburgern eingesetzten Landvögte fühlten sich durch den Widerstand bedroht und drangsalierten die Bevölkerung. Einer von ihnen, Hermann Gessler, liess auf dem Marktplatz von Altdorf, dem Hauptort des Kantons Uri, eine Stange mit seinem Hut aufstellen. Als Zeichen der Unterwerfung mussten alle, die daran vorbeikamen, den Hut grüssen.
Hier nimmt die Sage von Wilhelm Tell ihren Anfang. Der Legende nach soll Tell dem Hut keinerlei Beachtung geschenkt haben, als er am 18. November 1307 den Platz überquerte. Er wusste, dass er sein Leben riskierte, falls Gessler davon erfuhr. Der Landvogt wurde alsbald informiert und zitierte Tell am nächsten Tag auf den Dorfplatz.
Armbrust und Apfel
Gessler war nicht bereit, das aufmüpfige Verhalten Tells hinzunehmen, gab sich aber grosszügig. Er stellte ihn vor die Wahl, entweder zu sterben oder mit seiner Armbrust einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schiessen. Tell spannte einen Pfeil in seine Armbrust und traf den Apfel, ohne seinem Kind auch nur ein Haar zu krümmen.
Beeindruckt näherte sich der Landvogt und fragte Tell, warum er denn einen zweiten Pfeil unter den Kleidern versteckt habe. Auf Nachfrage gab Tell schliesslich zu, der zweite Pfeil sei für den Landvogt bestimmt gewesen, falls der Apfelschuss misslungen wäre.
Erbost liess Gessler Tell verhaften und befahl, ihn per Boot nach Küsnacht zu überführen und ihn bis an sein Lebensende einzukerkern.
Die Rache
Auf der Fahrt kam ein heftiger Föhnsturm auf. Die ortsunkundigen Knechte banden Tell los und übergaben ihm das Steuer, damit er sie sicher an Land bringen konnte. Der ausgezeichnete Steuermann schaffte es bis ans rettende Ufer. Er sprang auf einen Felsvorsprung und stiess das Boot mit aller Kraft in die Wellen zurück.
Erleichtert, seinem Peiniger entkommen zu sein, hatte Tell nur eines im Sinn: Gessler zu finden und ihn zu töten. Er lauerte ihm in der «Hohlen Gasse», einem Teilstück der Route vom Gotthardmassiv nach Zürich, auf. Als Gessler eintraf, erschoss er den tyrannischen Landvogt mit einem Pfeil mitten ins Herz.
Wahr oder erfunden?
Die Geschichte von Wilhelm Tell ist keineswegs verbürgt und Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Trotz aufwendiger Recherchen ist es den Historikern nicht gelungen, den Beweis zu erbringen, dass Tell tatsächlich gelebt hat und die Geschichte sich so zugetragen hat.
Trotzdem hat die Sage nichts eingebüsst von ihrer Wirkungsmacht und Symbolkraft. Wilhelm Tell steht für ein Volk, das Autoritäten anerkennt, sich aber auch wehrt, wenn diese ihre Macht missbrauchen.
Letztendlich bleibt es der Fantasie von uns allen überlassen, die Geschichte dieses Freiheitshelden zu interpretieren. Das ist wahrscheinlich der Grund für ihren über 700-jährigen Erfolg!