Safran wird in Mund noch auf einer Fläche von 12'000 m2  angebaut. Alle Felder sind im Besitz von Privatpersonen.

Das rote Gold aus dem Oberwallis

Safran wird in Mund seit dem 14. Jahrhundert angebaut. Das Oberwalliser Dorf ist der einzige Ort in der Schweiz, wo der Safrankrokus noch in freier Natur gedeiht. Wir berichten über eine Familientradition, die bis heute Bestand hat.

Das Dorf Mund liegt auf 1200 Metern über Meer im deutschsprachigen Teil des Kantons Wallis. Von den rund 500 Einwohnerinnen und Einwohnern bauen rund hundert Safran an. Die Gemeinde ist berühmt für ihren Safran, der hier seit dem 14. Jahrhundert angepflanzt wird.

«In den historischen Unterlagen werden zwei Theorien beschrieben», erklärt Remigius Pfaffen, Leiter des Safranmuseums in Mund. «Die erste geht davon aus, dass Pilger auf der Durchreise den Safran zu uns brachten. Die zweite, dass er durch Söldner in die Schweiz gelangte. Die beiden Theorien sind sich darin einig, dass die Safranpflanze ursprünglich aus Spanien stammt und seither auf natürliche Weise bei uns wächst».

Die getrockneten Safranfäden werden in einem Glasfläschchen aufbewahrt, damit sich das Aroma entwickelt.

 

Remigius Pfaffen kam auf einer Alp oberhalb von Mund zur Welt. Er wohnt heute zwar nicht mehr in der Gemeinde, bewirtschaftet jedoch weiterhin ein Safranfeld, das er von seinen Vorfahren geerbt hat. Er gehört ausserdem der Safranzunft Mund an.

Familientradition

Zur Oberwalliser Gemeinde Mund gehören Safranfelder mit einer Gesamtfläche von 18’000 m2, die 120 privaten Züchtern gehören. «Die Parzellen werden in den Familien vererbt und auf die Kinder verteilt. Früher waren es im Durchschnitt 8 bis 10 Kinder, weshalb die Flächen meist sehr klein sind», sagt Remigius Pfaffen, der sieben Geschwister hat und ein Feld von 40 m2 besitzt.

Remigius Pfaffen est le responsable du Musée du safran de Mund
Remigius Pfaffen ist der Leiter des Safranmuseums von Mund. 

 

Die Munder Safranfelder, auf denen oft auch Roggen gesät wird, wären 1951, als zwischen dem Dorf und dem Tal eine Seilbahn gebaut wurde, beinahe verschwunden. «Unsere Vorfahren haben seit jeher von der Landwirtschaft gelebt. Mit dem Roggen wurde Brot gebacken. Wir sind die Einzigen auf der Welt, die die beiden Kulturen miteinander kombinieren. Im Zuge der Industrialisierung zogen etliche Bauern ins Tal, um in den Fabriken zu arbeiten. Viele gaben ihre Felder auf», erklärt Pfaffen.

Als 1979 die Safranzunft Mund gegründet wurde, wurden lediglich 520 m2 Safranfelder bewirtschaftet. Der Zunft gelang es, das vollständige Verschwinden der Kulturen zu verhindern und die Weitergabe des über Jahrhunderte erworbenen Wissens zu sichern. 

Rotes Gold

ie Safranpflanze ist ein Zwiebelgewächs und gehört zu den Krokusarten. Die Zwiebeln werden Anfang September in den trockenen, feinsandigen Boden gepflanzt. Die lilavioletten Blütenblätter erscheinen zwischen Ende September und Anfang November.

Une fois séchés, les pistils de safran perdent 4/5 de leur poids initial.
Nach dem Trocknen verlieren die Safranfäden vier Fünftel ihres ursprünglichen Gewichts. 

 

Geerntet und verwertet werden die drei roten Blütennarben. «Die Fäden werden von Hand aus den Blüten gezogen, zwei Tage lang getrocknet und danach während zwei Wochen in Fläschchen aufbewahrt, damit sich das Aroma entwickelt. Durch das Trocknen verlieren die Narben vier Fünftel ihres Gewichtes», erklärt der Experte.

Safran wird oft mit dem Wert des Goldes verglichen, weil es 130’000 Narben für 1 Kilo Safran braucht.

In Mund ernten wir etwa zwei Kilo Safran pro Jahr, wobei jeder Züchter jährlich zwischen 10 und 15 Gramm produziert. Bei uns kostet ein Gramm dreissig Schweizerfranken. Jeder Züchter darf mit seiner Ernte machen, was er will». Remigius Pfaffen schenkt seine Gramm seinen Patenkindern zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Andere Produzenten verkaufen ihre Ernte im Handel. «Traditionell wurde in Mund in der Weihnachtszeit und für Tauffeste ein Safranbrot gebacken. Heute gibt es hier keine Bäckerei mehr, aber das Originalrezept wurde einem Bäcker in Brig anvertraut», erzählt Pfaffen.

AOP-Gewürz

«Der griechische Gott Zeus soll auf einem Bett aus Safran geschlafen haben», weiss Remigius Pfaffen. «In der Antike wurde Safran zum Färben von Kleidern verwendet. Und im Mittelalter galt er als Heilmittel. Heute findet Safran vor allem als Gewürz für die Zubereitung von Speisen Verwendung», ergänzt er.

Im Dorfladen gibt es Käse, Teigwaren und sogar einen Likör auf der Basis von Safran. Auch im Restaurant stehen seit 2007 Gerichte mit Safran auf der Karte, und im Dorf gibt es dank der Safranzunft Mund ein Museum zur Geschichte des Safrans. Munder Safran ist seit 2004 mit der Ursprungsbezeichnung AOP geschützt. «Jedes Jahr werden Proben unserer getrockneten Safranfäden analysiert. Erst nach bestandener Analyse erhalten wir unsere zertifizierten Etiketten», erklärt der Produzent.

Le musée du safran de Mund existe depuis 2007 dans le village haut-valaisan.
 Das Safranmuseum im Oberwalliser Dorf Mund gibt es seit 2007. 

 

Der Safran zieht zudem viele Besucherinnen und Besucher nach Mund, insbesondere während der Erntezeit im Herbst.

Die Leute kommen, um die Blüten zu bestaunen und unsere Spezialitäten zu degustieren

sagt Remigius Pfaffen. «Der Safran gehört zur Identität von Mund. Als Produzent und Mitglied der Zunft stelle ich ein grosses Interesse in der Öffentlichkeit, aber auch seitens der jüngeren Generation im Dorf fest. Unsere Mitglieder kümmern sich mit ihren Familien um ihre Parzellen. Der Safrananbau verlangt viel Handarbeit. Diese ist aufwändig und mühsam, aber notwendig, damit unsere Tradition und unsere Kulturen erhalten bleiben», betont Pfaffen.

Und zum Schluss noch ein Hinweis an alle Feinschmecker: Schon bald kann im Oberwalliser Dorf die Ernte 2021 probiert werden.