INK REVOLUTION: Diese Schweizer haben aus dem Tätowieren eine Kunst gemacht
Es gibt zwar in der Schweiz keine eigentliche Tätowierer-Bewegung, aber viele Schweizer Tätowierer haben die Disziplin beeinflusst und sind zu Symbolfiguren geworden. Sie haben einer neuen Generation den Weg geebnet und unserem kleinen Land auf der internationalen Bühne Strahlkraft verliehen.
Ursprünglich waren Tätowierungen Zeichen der Zugehörigkeit zu einem Stamm oder ein ritueller Brauch, besonders in Polynesien. Jahrzehntelang waren Tätowierungen in Europa verpönt, bis in den 1970er-Jahren die ersten Tattoo-Studios entstanden. Damals galt das Tattoo in der Underground- szene als Zeichen der Rebellion. Erst mit den verbesserten Techniken und Materialien wurden Tätowierungen in den 1990er-Jahren populär und erlangten auch vermehrt eine ästhetische und künstlerische Dimension. Die kürzlich gezeigte Ausstellung «Tatoueurs, tatoués » im Musée du quai Branly in Paris wollte denn auch die Tätowierung als künstlerischen Akt zeigen und die Pioniere würdigen, die diese Disziplin weiterentwickelt haben.
In der Schweiz fing alles in den 1980er-Jahren mit der Gründung des Studios «The Leu Family’s Family Iron – Street Shop» in Lausanne an. Damals zählte man im ganzen Land etwa 15 Tattoo-Studios. Die Leus, eine legendäre und unter Eingeweihten weltweit bekannte Familie, haben hierzulande und auch im Ausland viel zur Verbreitung der Tätowierkunst beigetragen.
Filip Leu wurde mit knapp elf Jahren ins Handwerk eingeführt, heute zählt er zu den Gründervätern der modernen Tätowierer-Bewegung, zusammen mit Bill Salmon (Vereinigte Staaten) und Luke Atkinson (Deutschland). Er hat viele seiner Zeitgenossen ausgebildet und geprägt und ist auch heute noch Inspirationsquelle für die junge Generation.
Filip Leu, The Leu Family's Family Iron, Sainte-Croix, Switzerland
Filip Leu ist eine lebende Tattoo-Legende von Weltruf. Als Sohn und Enkel von Künstlern und eines Spezialisten für japanische Tätowierungen, ist Filip ein Meister seines Fachs geworden. Er hat in den letzten dreissig Jahren viele Tattoo-Künstler in der Schweiz und im Ausland ausgebildet und beeinflusst. Er malt und tätowiert in seinem Studio «The Leu Family's Family Iron» in Sainte-Croix.
Sailor Bit, Ethno Tattoo, Lausanne, Switzerland
Tätowierer seit 1989 und Gründer des Studios «Ethno Tattoo» ist Sailor Bit bekannt für seine Handwerkskunst im japanischen Tattoo-Stil. Er realisiert hauptsächlich grosse Bilder, die ihm an internationalen Conventions viele Auszeichnungen eingebracht haben.
Rinzing, Sacred Yantra, Lausanne, Switzerland
Rinzing, ein weltweit anerkannter Tätowierer und spezialisiert auf orientalische und tibetanische Kunst, hat über zehn Jahr an der Seite von Filip Leu gearbeitet. Er hat auch in mehreren Studios in Spanien und Asien sowie an prestigeträchtigen internationalen Conventions tätowiert. 2009 hat er das Studio «Sacred Yantra» in Lausanne gegründet, wo er, umringt von seinen Schülern Flame und Marc Mussler, derzeit arbeitet.
Christian Nguyen, Inkvaders, Geneva, Switzerland
Der weltweit renommierte Tattoo-Künstler begann seine Karriere 1992 und gründete sein eigenes Studio, Inkvaders, in Genf. Christian Nguyen ist spezialisiert auf Tattoos im japanischen Stil, Tattoos in Schwarz- und Grautönen sowie Schriftzüge. Zu seinen Kunden gehören Prominente wie der Snowboard-Star Romain de Marchi oder John Otto, Fred Durst und Sam Rivers von der Band Limp Bizkit. Daneben entwirft er von der Tattoo-Kunst und der Hip-Hop-Kultur inspirierte Motive für angesagte Modelabels (Burton, Vans), Uhrenmarken (CVSTOS) und Musikgruppen (House of Pain).
Jacqueline Spoerlé, Corazon Tattoo, Lucerne, Switzerland
Die ausgebildete Grafikerin Jacqueline Spoerlé hat das Handwerk bei Valentin Steinmann erlernt. Die beiden haben sechzehn Jahre zusammen gearbeitet. In ihrer Tätowierkarriere ist Jacqueline viel gereist und hat verschiedentlich im Ausland gearbeitet: in Neuseeland, Samoa und Tahiti. Inzwischen besitzt sie ein eigenes Studio in Luzern, wo sie sich ihrer Spezialität widmet: dem Tribal- und Ethno-Tattoo sowie polynesischen Tattoos (sogenannte Tataus).
Nico & Marnie, Tattoo One Love, Morges/Lausanne, Switzerland
Der kühne grafische Stil von Nico und seine technische Vielseitigkeit haben ihn in der ganzen Welt bekannt gemacht, insbesondere bei Tattoo-Conventions. Marnie, seine Frau und Schülerin von Cummings, einem bekannten Tätowierer aus Montreal, hat zusammen mit Tony D'Annessa gearbeitet, einer lebenden Legende, die sich in den 1950er-Jahren dem Tätowieren verschrieben hat. Das Paar praktiziert alle Stilrichtungen, Nicos Vorliebe ist Pointillismus und Blackwork, bei Mamie ist es der sehr farbige traditionelle amerikanische Stil.
Rob Koss, XXX Tattoo, Lucerne, Switzerland
Mit einem Diplom als Grafikdesigner in der Tasche beschliesst der gebürtige Chicagoer mit 26 Jahren, sich in Luzern niederzulassen und einen eigenen Salon zu gründen: «XXX Tattoo». Seine weltweit bekannte Arbeit ist beeinflusst von Art Déco, Jugendstil, Gotik, balinesischen Ornamenten, Biomechanik und auch vom Realismus. Heute, mit 46, ist Rob Koss stolz, sich in der Schweiz seinen Platz geschaffen zu haben.
Maxime Buchi, Sang Bleu Tattoo Studio, London, United Kingdom
Maxime Buchi, diplomierter Grafikdesigner ECAL, arbeitete für Studios wie auch für Zeitschriften als Grafiker, bevor er beschloss, sich ernsthaft dem Tätowieren zu widmen. 2006 wurde er ein Schüler von Filip Leu in Lausanne. Später reiste er nach London, wo er sein berühmtes Studio «Sang Bleu London» gründete; dort arbeitet er heute als Tätowierer, Herausgeber und künstlerischer Direktor. Einem breiten Publikum bekannt als der Schweizer, der die Haut von Kanye West tätowiert hat, gilt Maxime Buchi vor allem in internationalen Tattookreisen als Ikone. Er hat viele Tätowierer inspiriert, nimmt aktiv an der Entwicklung dieser Disziplin teil und rückt dabei die Schweiz ins Zentrum der Szene.
Maik Linder, Spade Tattoo, Thun, Switzerland
Nach seiner Grafikerausbildung eröffnete Maik Linder 1999 sein Tattoo-Studio «Spade Tattoo» in Thun. Er praktiziert diverse Stilrichtungen: Schriftzeichen, Blackword und Realismus, mit einer Vorliebe für die traditionelle Tätowierung Old School, die ihn bekannt gemacht hat.