Cargo sous terrain

Cargo sous terrain: Schweizer Innovation im Untergrund

Cargo sous terrain (CST) ist ein innovatives, absolut umweltfreundliches und modernes Projekt. Wie bei jeder neuen Idee gibt es aber auch bei CST Zweifel und Unsicherheiten, was die Umsetzung betrifft. Dies hat den Bundesrat jedoch nicht davon abgehalten, im Februar 2020 eine gesetzliche Grundlage für das Projekt zu schaffen, das den Güterverkehr unter die Erde verlegen will.

Dank der neuen Rechtsgrundlage können Initianten und Investoren ihre Vision nun konkretisieren und zeigen, dass ihr Projekt mit Unterstützung der Behörden realisierbar ist.
Einer dieser Akteure ist CST-Mediensprecher Patrik Aellig, der uns Einblick in das Projekt gewährt und einige Zweifel ausräumt.
«Mit Cargo sous terrain wird die Schweiz im Jahr 2031 über ein privat finanziertes, nachhaltiges und automatisiertes Gesamtlogistiksystem verfügen, das eine pünktliche Warenzustellung gewährleistet, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft begünstigt und eine hohe Lebensqualität der Schweizer Bevölkerung sicherstellt.
2031 wird die erste Teilstrecke eröffnet, die den Logistikknotenpunkt Härkingen-Niederbipp am Jurasüdfuss mit Zürich verbindet. 

Cargo sous terrain, Aufzugssimulation

Der etwa 70 km lange Abschnitt verläuft vollständig unterirdisch. Dies ist aber nur der Anfang eines umfassenden Netzes mit zahlreichen Hubs. «CST gewährleistet die systematische und zuverlässige Auslieferung kleinteiliger Güter. Das Rückgrat des Projekts bildet ein 490 km langes Tunnelsystem von Genf bis St. Gallen und von Basel bis Luzern mit einem zusätzlichen Verbindungsast zwischen Bern und Thun.» Das Gesamtnetz soll 2045 fertig sein.

CST

CST will unter anderem Schiene und Strasse vom Güterverkehr entlasten. «Das City-Logistiksystem von CST knüpft nahtlos an den gebündelten Tunnelzugang zu den Städten an und nutzt Synergien in der oberirdischen Ver- und Entsorgung. Es entlastet die Städte um bis zu 30% des Lieferverkehrs und 50% der Lärmemissionen.» In einer Welt, in der umweltfreundliche Lösungen zunehmend gefragt sind, kommen die CST-Initiatoren nicht umhin, sich mit erneuerbaren Energiequellen für ihr System zu befassen: Cargo sous terrain wird «ausschliesslich mit erneuerbarer Energie betrieben» und schneidet damit «ökologisch signifikant besser ab als der konventionelle Güterverkehr». Gegenüber den heutigen Lastwagentransporten fallen bis zu 80% weniger CO2-Emissionen an. Das erste Teilstück Härkingen–Zürich spart «umgerechnet 40’000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr ein». 

CST, Aufzugs- und Tunnelsimulation
CST, Aufzugs- und Tunnelsimulation

Immer mehr Unternehmen, Konzerne und Start-ups setzen teilweise oder vollumfänglich auf erneuerbare Energien, um den Klimawandel zu bekämpfen und die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern. Zwar nutzen die globale wie auch die schweizerische Wirtschaft nach wie vor grösstenteils nicht erneuerbare Energien. In Zukunft könnte sich das Gleichgewicht jedoch mehr und mehr in Richtung grüne Projekte wie CST verschieben, denn dieses Projekt «begünstigt die «Energiewende, treibt die Digitalisierung voran und berücksichtigt den aktuellen Trend zu hochflexiblen, kleinteiligen und palettenbasierten Transporten. Das heutige Transportsystem beruht dagegen auf grösseren, weniger flexiblen Einheiten und setzt häufig auf fossile Brennstoffe.»

CST, Stadtlogistik Aufzugssimulation
CST, Stadtlogistik Aufzugssimulation

CST ist für den Gütertransport bestimmt. Für den Personenverkehr stehen weiterhin die konventionellen Verkehrsmittel zur Verfügung. Wie Patrik Aellig bestätigt, hat CST nicht im Sinn, auch den Personenverkehr in das Projekt einzubeziehen, und zwar aus folgenden Gründen: «Der Personenverkehr würde ein völlig anderes System erfordern, sowohl in technischer Hinsicht als auch in Sachen Investitionen.» Trotzdem profitiert auch der Personenverkehr vom CST-Projekt, denn dieses will unter anderem «oberirdisch Platz schaffen, der für die Bevölkerung genutzt werden kann.»

Das Projekt ist jedoch nicht ganz einfach umzusetzen, denn es muss ein grosses Tunnelnetz gebaut werden, das diverse Umweltprobleme aufwerfen könnte, die berücksichtigt werden müssen. Zudem stellen sich logistische Fragen, beispielsweise Verhandlungen mit Gemeinden oder Privateigentümern wegen Enteignungen und Entschädigungsforderungen. 
Diese Probleme werden angegangen, wenn das Projekt konkreter ist, wobei der Zeitplan hoffentlich eingehalten werden kann. 
Bereits haben zahlreiche Europäische Investoren Interesse am Projekt bekundet und würden gerne bei dessen Umsetzung mitwirken. Gemäss dem Bundesrat muss jedoch eine Schweizer Mehrheit am Eigentum von CST sichergestellt werden.
Angesichts der Unterstützung des Bundesrats sind die privaten Initianten und Investoren auf jeden Fall optimistisch. Sie können nun zeigen, dass ihr Grundkonzept realistisch, machbar und potenziell effizient ist für die öffentliche Hand.

CST, Querschnittsinfografik eines Tunnels
CST, Querschnittsinfografik eines Tunnels

Doch zurück zu den Anfängen vor knapp zehn Jahren, als sich «Ingenieure, die eine klare technische Vision hatten, mit interessierten Akteuren aus dem Detailhandel zusammen taten, um angesichts des zunehmenden Verkehrsaufkommens die Zuverlässigkeit der Lieferketten auch in Zukunft sicherzustellen. Wir haben diese Idee seither immer weiter entwickelt, mit der Unterstützung zahlreicher Schweizer Unternehmen, die bereit waren, einen finanziellen Beitrag zu leisten, oder uns mit Rat und Tat zur Seite standen.»
Und wie fügt sich das CST-Projekt in das bisherige Transportangebot der Schweiz ein? Wie verhält es sich insbesondere zum Schienenverkehr, aber auch zum Strassenverkehr? Gemäss dem Kommunikations- und Öffentlichkeitsverantwortlichen von CST wird man sich gegenseitig nicht auf die Füsse treten, und es wird keine Spannungen geben, im Gegenteil: «CST ergänzt das bestehende Transportangebot, aber es ist auch auf andere Verkehrsträger angewiesen.» Aellig zufolge wird das Projekt zu einer «neuen Sicht auf das Transportwesen führen, aber auch die Logistik an sich verändern. Es wird unseren Horizont erweitern, und ich glaube, dass es uns anspornen wird, den Untergrund anders zu nutzen, um die oberirdische Lebensqualität zu erhöhen.» 

CST

Bis jetzt war hier fast ausschliesslich von Zukunftsperspektiven die Rede. Das Projekt wird ja frühestens 2030 in Angriff genommen und nicht vor 2045 abgeschlossen sein. Niemand kann wissen, wie die Welt dann aussehen wird, auch nicht Patrik Aellig. Er weiss jedoch, was CST in den kommenden Jahren erreichen will: «Natürlich verändert sich die Welt. Ich wage keine Prognose, wie die Erde in 30 Jahren aussehen wird. Ich kann nur sagen, dass wir uns ganz allgemein für eine bessere Welt einsetzen. Wir berücksichtigen auf jeden Fall den aktuellen Stand der Entwicklungen und versuchen, die Zukunft möglichst genau zu modellieren, entsprechend den Bedürfnissen des Marktes und der Gesellschaft. CST ist ein privat finanziertes, marktwirtschaftliches Projekt, das letztlich die Bedürfnisse der Kundschaft, der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der Gesellschaft insgesamt und vor allem der Städte und Agglomerationen erfüllen soll, denn diese benötigen Lösungen, damit sich die Lebensqualität nicht verschlechtert.»

Welchen Beitrag leistet die Schweiz zu diesem Projekt? «Unser Land ist abgesehen von den Alpen dicht besiedelt. Deshalb war die Idee, CST hier zu entwickeln, ziemlich bestechend. Vielleicht fragen Sie sich auch, wie die Schweiz es geschafft hat, eine solche Idee so weit voranzutreiben. Ein Grund ist schnell gefunden: Weil es hier Investoren gibt. Hilfreich ist aber auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, wie sie in einem kleinen Land automatisch entsteht. Ausserdem arbeiten wir tendenziell eher langsam, bemühen uns aber, alle einzubeziehen und teilhaben zu lassen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass wir Erfahrung im Tunnelbau haben. CST ist also nichts Ungewöhnliches für uns.»

CST, Systemübersicht
CST, Systemübersicht

Können wir nach diesen Erklärungen also sagen, dass die Schweiz in diesem Bereich besonders fortschrittlich ist oder sogar als weltweite Vorreiterin angesehen werden kann? «Ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen, dass wir eine Art Vorreiterrolle im Bereich des unterirdischen Transports haben, aber auch auf dem Gebiet der City-Logistik, der effizienten Feinverteilung und der Digitalisierung der Logistik. Es gibt andere ähnliche Projekte auf der Welt, aber keines ist in finanzieller und rechtlicher Hinsicht so weit gediehen wie unseres. Der Rechtsrahmen unseres Projekts wird bald im Parlament debattiert.»