Die Schweiz – Wiege der Olympischen Spiele
Im Januar 2020 wird die Schweiz wieder einmal Olympische Winterspiele ausrichten. Nach den beiden letzten Spielen von 1928 und 1948 in St. Moritz kommt 2020 die olympische Hauptstadt Lausanne zum Zug.
Die sechsten Olympischen Jugendspiele werden vom 9. bis 22. Januar 2020 in verschiedenen Regionen der Schweiz ausgetragen, unter anderem in Lausanne, in St. Moritz sowie im schweizerischen und französischen Jura.
Bevor wir uns aber der Euphorie von Lausanne 2020 hingeben, wo 1880 Sportlerinnen und Sportler zwischen 15 und 18 Jahren erwartet werden, gibt es noch eine Frage zu beantworten: Wie kommt es, dass die Schweiz schon zum dritten Mal in ihrer Geschichte Olympische Spiele ausrichtet?
Die Wintersportarten gehören zum Schweizer Kulturerbe. Daher erstaunt es nicht, dass die ersten Olympischen Winterspiele 1928 in der Schweiz stattfanden. Die ersten? Nicht ganz! Denn die Wettkämpfe in St. Moritz gingen als die zweiten Olympischen Winterspiele in die Geschichte ein, nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) die «Internationale Wintersportwoche» von 1924 in Chamonix nachträglich zu den ersten Olympischen Winterspielen erklärt hatte.
1928 empfing das Engadiner Bergdorf St. Moritz 464 Athletinnen und Athleten aus 25 Nationen. Während in Frankreich die exotischen Länder noch fehlten, nahmen in St. Moritz auch Argentinien, Japan und Mexiko teil. Während 9 Tagen massen sich die Pioniere des Wintersports in 14 Disziplinen. Das Gebiet um den zugefrorenen St. Moritzersee stand für die Vielfalt der Schweiz, wurde hier doch Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch gesprochen, also gleich drei der vier Landessprachen.
St. Moritz – zwischen Innovation und Tradition
In St. Moritz wurde 1938 einer der ersten Skilifte in Betrieb genommen. Der Ferienort mit seinen historischen Hotels hatte jedoch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts das Potenzial des Wintersports entdeckt. Aus dem kleinen Bergdorf wurde einer der ersten Wintersportorte. Es überrascht also nicht, dass sich das IOC für St. Moritz entschied, obwohl andere Lokalitäten in den Schweizer Alpen auch in der Lage gewesen wären, die Winterspiele von 1928 auszutragen.
St. Moritz ist ein dynamischer Ort, der seine Traditionen pflegt und gleichzeitig weltoffen ist und bereits zahlreiche internationale Wettkämpfe organisiert hat. Obwohl St. Moritz 1822 Meter über Meer liegt, waren die Olympischen Spiele von 1928 für die Freiwilligen, die bei den Wettkampfvorbereitungen halfen, kein leichtes Spiel. Nach dem Schneesturm während der Eröffnungsfeier wurden die frühlingshaften Temperaturen zum Spielverderber. Der Eisschnelllaufwettkampf über 10 000 Meter fiel buchstäblich ins Wasser. Trotz der Wetterkapriolen gelang es dem IOC, einen besonderen Wintersportanlass auf die Beine zu stellen. Der Enthusiasmus der über 40’000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Bündner Winterort war überall spürbar.
Neues Vertrauen nach einer ungewissen Zeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde St. Moritz 1948 zum zweiten Mal Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Von Vorteil waren sicherlich seine Wettkampfanlagen, die nach wie vor den Anforderungen einer solchen Grossveranstaltung entsprachen. Die Tatsache, dass die Schweiz während des Kriegs neutral blieb, machte sie zudem zu einer idealen Gastgeberin für die ersten Olympischen Spiele nach dem Krieg. Angesichts der bescheidenen Ressourcen obsiegte bei den V. Olympischen Winterspielen der olympische Geist. Viele der 669 Athletinnen und Athleten aus den 28 vertretenen Ländern halfen sich gegenseitig mit Material aus.
Originelle Demonstrationssportarten
Der Schweiz fehlte es nie an Ideen als Gastgeberin von Olympischen Spielen. 1928 fand auf dem zugefrorenen St. Moritzersee ein Skijöring-Wettlauf statt, eine Sportart, bei der sich ein Skifahrer an einem Seil von einem Pferd ziehen lässt. Sowohl 1928 als auch 1948 wurden Militärpatrouillenläufe in Teams ausgetragen. Sie waren die Vorläufer des heutigen Biathlons, der seit 1960 als olympische Sportart anerkannt ist. 1948 wurde an Olympischen Spielen zum ersten und auch letzten Mal ein Pentathlon-Wettlauf durchgeführt. Diese atypische Disziplin umfasste fünf Sommer- und Wintersportarten: Langlauf, Schiessen, Skifahren, Fechten und Reiten.
Die Schweiz – innovativ und traditionsbewusst
Nach den Winterspielen von 1928 und der «Wiederaufnahme der Olympischen Spiele» im Jahr 1948 bereitet sich die Schweiz nun auf die Olympischen Jugend-Winterspiele in Lausanne vor. Eine lange Geschichte: 1915 liess sich das IOC in Lausanne nieder und machte die Stadt zur «Olympischen Hauptstadt», 1993 wurde das «Olympische Museum» eröffnet, und im Januar 2020 folgt mit den Olympischen Jugend-Winterspielen in Lausanne der dritte olympische Streich.
In bündnerischen St. Moritz gab es vier Disziplinen, unter anderem auf der legendären Bobbahn St. Moritz–Celerina, auf der nun zum dritten Mal olympische Wettkämpfe ausgetragen werden. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb genommen und ist damit die älteste und einzige Natureisbobbahn der Welt. Die Strecke zwischen St. Moritz (1852m) und Celerina (1738m) verläuft durch die freie Natur.
Die Medaillen an die neue Generation von Olympioniken aus 80 Nationen werden auf dem Medaillenplatz im Lausanner Quartier Le Flon oder im Zentrum von St. Moritz verliehen. Die Schweiz kombiniert also wiederum zwei Werte, die ihr wichtig sind: Innovation und Tradition.