Barszene am Flussufer, Luzern (hi-res). Bildnachweis: © Simon Conway

Schweizer Craft-Bier im Trend

Die Schweiz ist für viele Dinge berühmt, und aktuell sorgt ihre boomende Craft-Bier-Szene für Aufmerksamkeit. Der Fall des Bierkartells am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts rüttelte die Branche wach und erlaubte es den Schweizer Brauereien, sich zu entfalten und zu entwickeln. In der Folge stieg die Zahl der Brauereien und Mikrobrauereien rasant an, und die Schweiz ist zu einer wichtigen Akteurin in der florierenden europäischen Craft-Bier-Szene herangewachsen.

Mit der Schweiz assoziiert man wohl nicht in erster Linie Bier. Eher dürften einem Dinge wie Käse, Schokolade, atemberaubende Alpenlandschaften und Mehrsprachigkeit einfallen. Wer die Schweiz besucht, merkt jedoch rasch, dass Bier äusserst beliebt und die Stange – ein Glas gezapftes Bier – im Alltag sehr präsent ist. Praktisch in jedem Ort in der Schweiz treffen sich am Feierabend die Stammgäste in Bars und Wirtshäusern am Stammtisch oder in der Gaststube zu einer Stange Schweizer Bier. Viele Brauereien pflegen auch die Tradition des Rampenverkaufs, bei dem sich Freunde treffen, um Bier zu trinken und zu kaufen. Seit einigen Jahren kommt zu diesen Traditionen eine boomende Craft-Bier-Szene hinzu – viele Bars und Restaurants setzen heute auf handwerklich gebrautes Bier aus nah und fern. Einige davon sind selbst Mikrobrauereien.

«Fri-Mousse»-Flasche. Bildnachweis: © @bernerbars

Schweizer Bier: Zahlen und Fakten

Die zunehmende Beliebtheit von Craft-Bier ist nirgendwo in Europa sichtbarer als in der Schweiz, die mittlerweile die weltweit höchste Brauereidichte aufweist. Die Zahl der Brauereien ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen: von 32 registrierten Betrieben im Jahr 1990, ein Jahr vor der Auflösung des Bierkartells, auf 1132 Ende 2019. 

Viele sind kleine lokale Betriebe oder Bierfans, die auf Teilzeitbasis oder als Hobby Bier produzieren und verkaufen. All dies zeugt von einer Schweizer Leidenschaft für Bier und für das Brauen, wobei nicht nur Geschäft und Gewinn zählen. Flurin Isler von der Brauerei Falkenbräu sagt es so: «Bier ist ein so einfaches und faszinierendes Produkt. Obschon es nur aus Wasser, Hopfen, Malz und Hefe hergestellt wird, sind so viele Variationen möglich. Es ist erstaunlich, wie viele Bierstile produziert werden können. Es macht grossen Spass, eine kleine Charge herzustellen und mit dem Geschmack herumzuspielen, um dann später zu sehen, ob es schmeckt wie erwartet.»
Der Bierkonsum in der Schweiz ist in den letzten drei Jahren gestiegen und lag 2019 bei 4,7 Millionen Hektolitern. Der Anteil der Schweizer Biere betrug 78 Prozent, und 56 000 Hektoliter wurden in 37 Länder exportiert. Bei den Konsumenten kommt die ständig wachsende Vielfalt des Schweizer Bierangebots gut an: Nicht unerwartet ist der Anteil der im Ausland gebrauten Biere in den letzten sechs Jahren zurückgegangen. Lagerbier ist mit einem Anteil von knapp 72 Prozent die beliebteste Biersorte. Ökologie und Nachhaltigkeit sind wichtige Faktoren in der Branche und in der Schweiz generell: 38 Prozent des im Jahr 2019 verkauften Bieres gelangte in umweltfreundlichen Mehrweggebinden zu den Konsumenten.

Internationale Ausstrahlung

Eine Brauerei, die Tradition und Moderne beispielhaft verbindet, ist Falkenbräu in Baden. Das 1850 von Karl Gustav Falk gegründete Unternehmen musste seine Produktion nach mehreren Übernahmen und schwierigen Geschäftsgängen 1979 einstellen. 2012 taten sich einige bierbegeisterte Badener mit dem Vorsatz zusammen, die Marke Falkenbräu wiederaufleben zu lassen. Seit 2014 produzieren sie wieder Bier. Flurin Isler, einer der Männer hinter der Neulancierung, erinnert sich: Vor rund 15 Jahren war ich Mitbegründer einer kleinen Bar in Baden. Wir stellten fest, dass es in unserer Region kaum Bier gab, das uns schmeckte. Als wir entdeckten, dass es hier früher diese Brauerei mit einer langen Geschichte und unserem Stadtturm im Logo gab, war klar, dass Baden sein Falkenbräu zurückbekommen sollte. Wir hatten das Glück, dass uns die Familie des letzten Eigentümers unterstützte, sodass wir die einzigartige Historie der Brauerei weiterführen konnten. Das war der Beginn des wiederbelebten Falkenbräus.»
Der Erfolg dieser Neulancierung sowie das Wachstum und das Zukunftspotenzial der Schweizer Bierbranche zeigt sich an den neuesten Erfolgen bei den World Beer Awards, bei denen Schweizer Biere seit 2017 fünf «World's Best Style»-Preise erhielten:

  • 2019 

World’s Best Lager Zwickl/Pale Kellerbier – Falkenbräu Baden Spezial Hell (Baden).

  • 2018 

World’s Best Amber Pale Beer – Chopfab Amber (Winterthur).
World’s Best Sweet Stout – Brauerei Schützengarten Swiss Stout (St Gallen).

  • 2017

World’s Best Amber/Vienna Lager – Brauerei Schützengarten St Gallen Klosterbräu (St Gallen).
World’s Best Pale Ale – Whitefrontier brewery 'Freeride World Tour' (Martigny).
Ausserdem wurde das Spezialbier «L'Abbaye de Saint Bon-Chien» der Brasserie des Franches-Montagnes (BFM) im Kanton Jura von der New York Times 2009 zum besten in Eichenholz gereiften Bier gekürt.

Biererlebnisse

Wenig überraschend gibt es in der Schweiz mittlerweile ein breites Angebot an Freizeitaktivitäten rund um das Thema Bier. Viele Brauereien bieten Führungen, Degustationen oder auch Kurse an, bei denen die Besucherinnen und Besucher ihr eigenes Bier brauen können. Zu diesen Betrieben gehört auch die Brauerei Schützengarten in St. Gallen. Die älteste Brauerei der Schweiz, gegründet 1779, befindet heute noch an ihrem ursprünglichen Standort und ist nach wie vor erfolgreich im Geschäft. Zu ihrem Angebot gehören Betriebsbesichtigungen, Bier-Apéros, Degustations- und Braukurse sowie ein Bierflaschenmuseum. Eine weitere Destination für Bierfans ist die höchstgelegene Brauerei der Schweiz. Die BierVision Monstein AG wurde 2000 in Monstein im Kanton Graubünden gegründet. 

Monstein, Davos, Kanton Graubünden. Bildnachweis: © 'Monstein – Davos' by Ronile35 ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0
Monstein, Davos, Kanton Graubünden. Bildnachweis: © 'Monstein – Davos' by Ronile35 ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0

Die Brauerei liegt auf 1625 Meter über Meer und wirbt für sich mit dem Claim «the last beer stop before heaven». Zum Angebot gehören Degustationen und Brauvorführungen, ein Brauer-Apéro, Brauereibesichtigungen und mehr.
Dazu kommen viele weitere Angebote: Zum Beispiel das halbtägige Brauerei-Erlebnis in Crans-Montana im Kanton Wallis, bei dem die Besucherinnen und Besucher eine Biersorte ihrer Wahl brauen und ein eigenes Etikett dafür kreieren können. Oder wie wäre es mit BierWellness in Rheinfelden im Kanton Aargau? Dieses spezielle Angebot kombiniert Entspannung im Solebad mit einem 4-Gang-Biermenü im Feldschlösschen Restaurant.

Stange im Biercafé Au Trappiste, Berner Altstadt. Bildnachweis: © @bernerbars
Stange im Biercafé Au Trappiste, Berner Altstadt. Bildnachweis: © @bernerbars


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