Zug in der Schweizer Landschaft

Weltmeisterin im Zugfahren – die Entstehungsgeschichte der Bahnnation Schweiz

Mit über 2000 Kilometern pro Kopf und Jahr gehören die Schweizerinnen und Schweizer zu den Weltmeistern im Bahnfahren! Mit rund 5300 Kilometern hat die Schweiz eines der ausgedehntesten Schienennetze Europas. Doch warum hat ausgerechnet das kleine Binnenland das dichteste Verkehrsnetz der Welt? Woher kommt die Faszination, Berge – selbst solche von über 3000 Metern Höhe – mit einer Bahn zu erschliessen? Zeit für eine Fahrt in die Vergangenheit!

Der Grundstein für den Schweizer Eisenbahnbau wurde im Ausland gelegt: Während die Nachbarländer ziemlich weit fortgeschritten waren, lag der Schweizer Fokus noch auf den Landstrassen. Die «Compagnie de Strasbourg à Bâle» brachte dann den Stein ins Rollen: 1844 wurde die Strecke von Strassburg (Frankreich) nach Basel eröffnet. Für die Schweizer Grund genug, da mitzuhalten. Planungen für Bahninfrastrukturen waren schon seit den 1820er-Jahren im Gange. Nur dauerten die Verhandlungen aufgrund politischer Instabilität und gegensätzlicher Interessen der Kantone über 25 Jahre an. Auf der einen Seite gab es Kaufleute, die ihre Waren mit der Eisenbahn günstiger transportieren wollten, auf der anderen Seite lokale Gewerbe, die vor günstigeren Konkurrenzprodukten zitterten. Dann endlich entstand die erste Bahnstrecke auf ausschliesslich Schweizer Grund: die Schweizerische Nordbahn Zürich–Baden (1847). Besser bekannt als die «Spanisch-Brötli-Bahn», benannt nach einem Badischen Hefegebäck.

Mondaine Uhr Zürich Bahnhof
Spanisch-Brötli-Bahn
Spanisch-Brötli-Bahn

Während in Grossbritannien in den 1820er Jahren und bald darauf auch in Frankreich und Deutschland erste Eisenbahnstrecken gebaut wurden, lag der Fokus in der Schweiz noch auf den Was-serstrassen. Schiffe waren hier das bequemste Transportmittel – sowohl für Waren- als auch für Personentransporte. Planungen für Bahninfrastrukturen waren zwar schon im Gange, jedoch fehlte die staatspolitische Struktur, um den Eisenbahnbau voranzutreiben. Erst 1844, mit der Eröffnung der Strecke von Strassburg (Frankreich) an die Schweizer Grenze nach Basel, gab es hierzulande erste konkrete Berührungspunkte mit der Eisenbahn. Ein Baufieber löste das aber noch nicht aus. Drei Jahre später (1847) wurde die erste Bahnstrecke auf ausschliesslich Schweizer Grund eröffnet: Die Nordbahn Zürich-Baden – besser bekannt als «Spanisch-Brötli-Bahn», benannt nach einem Hefegebäck. Ein Hoffnungsschimmer. Doch diese Nordbahn blieb noch für einige Jahre die landesweit einzi-ge Eisenbahnstrecke.
Erst das fünf Jahre später erlassene Eisenbahngesetz entfachte den Bauboom. Nun schossen Eisenbahngesellschaften wie Pilze aus dem Boden. Denn das «Bundesgesetz über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Gebiete der Eidgenossenschaft» von 1852 ermöglichte privaten Unternehmen, Eisenbahnlinien und Bahnhöfe zu bauen und diese zu betreiben. Die Kompetenz, Konzessionen zu erteilen, lag bei den Kantonen. Der Bund begnügte sich mit der Zuschauerrolle und konnte faktisch nur aus Gründen der Landesverteidigung eingreifen. 
Landesweit entstanden nun neue Bahnanschlüsse und Bahnhöfe überall da, wo es wirtschaftlich Sinn machte. Denn dank der Eisenbahn wurde die Distribution von Gütern wesentlich effizienter und somit kostengünstiger. Und so entwickelten sich Verkehrsknotenpunkte etwa in Zürich oder Winterthur. Doch selbst kleinere Orte wie etwa Olten erzielten dank der Eisenbahn einen ungeahnten Bedeutungsgewinn. Das Schienennetz definierte, wo wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aufbruch war – und wo Peripherie. Und bereits 1860, nur acht Jahren nach dem weichenstellenden Entscheid des eidgenössischen Parlaments, war die Schweiz das Land mit dem dichtesten Schienennetz Europas.

Das zentrale Bauwerk der Schweiz: die Gotthardbahn

Auch auf der Nord-Süd-Achse tat sich einiges: Während im Ausland am Semmering und durch den Mont-Cenis erste Alpenbahnen vorangetrieben wurden, stritt man sich in der Schweiz noch über die Linienführung. Denn neben dem Gotthard waren unter anderem auch der Lukmanier, der Simplon und der Grosse St. Bernhard mögliche Optionen für Alpentransversalen. Die Gefahr einer Umfahrung der Schweiz nahm nach Mitte des 19. Jahrhunderts stetig zu – und so drängte die Lösung der Alpentransit-Frage. 
Obwohl sich der Zürcher Politiker und Wirtschaftsführer Alfred Escher, Präsident der NordostbahnGesellschaft (NOB), zunächst für die LukmanierVariante einsetzte, sprach er sich schlussendlich für die Linienführung durch den Gotthard aus. Auf seine Initiative schlossen sich am 7. August 1863 zwei grosse Bahngesellschaften und 16 Kantone zur «Vereinigung zur Anstrebung der Gotthardbahn» zusammen. In den nachfolgenden Jahren setzte Escher sein ganzes wirtschaftspolitisches Gewicht für das Gotthardprojekt ein. Mit unermüdlichem Einsatz führte er Verhandlungen und suchte nach Investoren. Mit Erfolg: Von den insgesamt veranschlagten 187 Millionen Franken Baukosten für die Gotthardbahn übernahm ein internationales Konsortium den grössten Teil (102 Mio. Franken). Zu diesen Mitteln, die auf dem Kapitalmarkt beschafft wurden, kamen substanzielle Engagements durch die beiden grossen Schweizer Bahngesellschaften Nordostbahn und Centralbahn, dazu staatliche Subventionen aus Deutschland und Italien. Auch Schweizer Kantone und Gemeinden leisteten finanzielle Unterstützung. Der Bund beteiligte sich vorerst nicht. 
Auch über die Linienführung wurde man sich einig: Gebaut werden sollte eine 206 Kilometer lange Bahnstrecke von Immensee (nordöstlich von Luzern) bis Chiasso. Kernstück dieses geplanten Stre-ckenabschnitts bildete eine durch die beiden Alpentäler ansteigende Gebirgsbahn (Erstfeld–Biasca) und ein Scheiteltunnel auf über 1100 Meter über Meer. Bald waren die Verträge unter Dach und Fach. 1871 wurde die Gotthardbahn-Gesellschaft gegründet, Alfred Escher wurde deren Direktions-präsident und 1872 erhielt Louis Favres Firma den Zuschlag für den Bau des grossen Tunnels (Airolo–Göschenen).

Alfred Escher
Alfred Escher

Das riesige Projekt «Gotthardbahn» stellte gewaltige Herausforderungen in vielerlei Hinsicht. Louis Favre hatte sich verpflichtet, in lediglich acht Jahren Bauzeit den grossen Tunnel zu errichten. Ein ambitiöses Unterfangen – vor allem in Anbetracht der Umstände: Die geologischen Begebenheiten konnten mit dem damaligen Stand der Wissenschaft vorab nicht mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden. Überdies fehlten bautechnische Erfahrungswerte. Und man musste sich mit Gotthardgranit auseinandersetzen. Noch nie zuvor war in den Alpen ein solches Bauvorhaben in Angriff genommen worden. Doch der Genfer Favre war bereit, das Risiko einzugehen.
Zum Zeitdruck kamen erschwerte Arbeitsbedingungen: Tunneltemperaturen von bis zu 40°C, instabile Gesteinsschichten, unzureichende Lüftung und Dynamitdämpfe, die Erkrankungen der Augen und Atemwege auslösten. Es kam zu tödlichen Unfällen. Letztlich verloren auf den Baustellen in Airolo und Göschenen beinahe 200 Arbeiter ihr Leben. Dazu kamen rund 150 Todesfälle infolge Krankheit. Die teils schlechten Arbeitsbedingungen und vielfach katastrophalen hygienischen Bedingungen führten auch zu Streiks. 
Das Projekt «Gotthardbahn» geriet zunehmend in Verzug und die Kosten erhöhten sich. Spannungen zwischen Favre und der Gotthardbahngesellschaft sowie die neue kritische Kosteneinschätzung (102 Mio. Franken, 1876) von Oberingenieur Konrad Wilhelm Hellwag führten zu Turbulenzen auf dem Aktienmarkt. Die Titel der Gotthardbahn verloren an Wert und sogar der Bauabschluss wurde in Frage gestellt. Wie sich indes herausstellte, waren Hellwags Prognosen überzeichnet. Seriöse Berechnungen wiesen einen zusätzlichen Kapitalbedarf von rund 40 Millionen Franken auf. Dank Finanzspritzen aus Italien (10 Mio.), Deutschland (10 Mio.), der erstmals erfolgten bescheidenen Subvention durch den Bund (4.5 Mio.) und wiederum dank privaten Investoren konnte die Gotthardbahn fertiggestellt werden.

compressed air boring machine
Druckluftbohrmaschine

Der längste Eisenbahntunnel der Welt

Noch bevor der Durchstich erfolgte, starb Louis Favre bei einer Tunnelbesichtigung an Herzversagen. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – sollte er der Erste sein, der den Tunnel durchquerte. Als der Bohrer am 28. Februar 1880 die letzte noch stehende Felswand durchstiess, reichten die Arbeiter eine Blechdose mit Favres Bild durch das Loch. So ehrten sie den kurz vorher verstorbenen Bauherrn und bejubelten gleichzeitig den weltbewegenden Durchbruch. Mit einer Abweichung von nur 33 Zentimeter (seitlich) und 5 Zentimeter (in der Höhe) vollbrachten sie ein Wunder der damaligen Ingenieurs und Vermessungstechnik! Der längste Eisenbahntunnel der Welt (15 Kilometer) war entstanden. Als er 1882 feierlich eröffnet wurde, berichteten Medien aus aller Welt über das kleine Alpenland und dessen Meisterleistung. Bis zur Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels (57 Kilometer) 2016 war die alte Gotthard-Bahnstrecke mit dem grossen Tunnel über 130 Jahre lang für den europäischen Personen und Güterverkehr von äusserster Wichtigkeit. Ein Stück Schweizer Eisenbahngeschichte, das nicht mehr wegzudenken ist.

Favres dead
Louis Favre starb an einem Herzinfarkt, als er den Tunnel inspizierte.

Die Jungfraubahn – die höchstgelegene Bahnstation Europas

Die Ambition, eine Bahn bis zum 4158 Meter hohen Gipfel der Jungfrau zu bauen, erwachte schon früh: Die Jungfrau galt als von ewigem Schnee und Eis starrender Berg. Gänzlich unzugänglich. 1811 bestiegen die Gebrüder Meyer als erste Menschen überhaupt den Gebirgsriesen und brachen den Mythos der «Unbezwingbarkeit». Möglicherweise war es dieser Erfolg, der dazu bewog, sich an andere Viertausender zu wagen. Die anhaltende Faszination, die Majestäten der Alpenwelt zu besteigen, nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitere, grössere Dimensionen an. Man ging dazu über, selbst hohe Berggipfel mit der Bahn zu erschliessen – so auch den Jungfraugipfel. Das war zumindest der Plan.

«Jetzt hab’ ich’s gefunden! », sagte Adolf Guyer-Zeller zu seiner Tochter, als er die Wengernalpbahn zur Kleinen Scheidegg fahren sah. Seine zündende Idee skizzierte er noch am selben Abend: Die Linienführung für die Bahn auf die Jungfrau.

Guyer Zeller
Adolf Guyer-Zeller

Spatenstich für die höchstgelegene Bahnstation Europas

Knapp vier Monate nach dem verheissungsvollen Sonntagsspaziergang reichte Adolf GuyerZeller sein Konzessionsgesuch beim Bundesrat ein. Der Spatenstich erfolgte am 27. Juli 1896. Nach 24 statt 3 Monaten mühsamer Arbeit wurde der erste Streckenabschnitt endlich eröffnet. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die hauptsächlichen Arbeitsgeräte für diese Teilstrecke Schaufel und Pickel waren. Muskelkraft statt Maschinen.

jungfraubahn station
Europas höchste Eisenbahn bauen

Ein tragischer Rückschlag – und wohl der bedeutendste – war der Tod Adolf Guyer-Zellers 1899. Sein Ableben stellte den Weiterbau in Frage. Doch seine Erben führten das Projekt mit Beharrlichkeit weiter. Die neue Finanzierung war schwierig, der Fels leistete Widerstand und die Arbeiter schufteten bei härtesten Bedingungen. So kamen die Arbeiten nur schleppend voran. Die Bauleitung änderte deshalb die ursprünglichen Pläne und legte das Jungfraujoch auf 3454 Metern Höhe (und nicht den Jungfraugipfel) als Endstation der neuen Bahn fest.

jungfrau bahn
Jungfraujoch - Europas höchster Bahnhof

1912, 16 Jahre nach Baubeginn, fuhr die erste Bahn festlich geschmückt mit geladenen Gästen zum Jungfraujoch – bis heute die höchstgelegene Bahnstation Europas. Noch heute befinden sich Gedenk und Informationstafeln auf dem Berg, die von der bahntechnischen Erschliessung des Jungfraujochs zeugen. Eindrücklich, was vor über einem Jahrhundert auf 3500 Metern über Meer geleistet wurde.

Die Fahrt ins 20. Jahrhundert

Bereits in der frühen Phase des Privatbahnbaus ertönte der Ruf nach Verstaatlichung. Und so beschäftigte die sogenannte Rückkaufsfrage die Bundespolitik. Dann, 1883, eröffnete sich die Möglichkeit, die Konzessionen der meisten Bahngesellschaften zu künden. Aber es brauchte einen langen Anlauf, bis das Schweizer Volk «Ja» sagte. Am 20. Februar 1898 nahm es die Vorlage zur Rückführung deutlich an: Die Schweizer Bahnen dem Schweizer Volk – so lautete die Losung. Damit war die Grundlage für die Gründung der Schweizerischen Bundesbahnen geschaffen. 1902 nahm die SBB ihren Betrieb auf. Vier der fünf Hauptbahnen wurden verstaatlicht, namentlich die Centralbahn, die Nordostbahn, die Jura-Simplon-Bahn und die Vereinigten Schweizerbahnen. Die Gotthardbahn folgte 1909.

Die Schweiz begann schon früh mit der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken. Speziell zu Kriegszeiten war der Brennstoff Kohle rar. Als dann der Zweite Weltkrieg ausbrach, führte der erneute Kohlemangel zu einer grossflächigen Elektrifizierung im SBB-Gebiet. Auch nach dem Krieg ging die Umstellung kontinuierlich weiter: Bereits 1967 fuhr der letzte Dampfzug der SBB. Seither ist das gesamte SBB-Schienennetz zu 100% elektrifiziert. Für damalige Verhältnisse eine Pionierleistung.

Das Schweizer Uhrwerk «Bahn»

Eine Minute dauert genau 58,5 Sekunden – so ist es zumindest an den Schweizer Bahnhöfen. Aber wieso? 1944 entwickelte Hans Hilfiker, Ingenieur bei den Bundesbahnen, die SBB-Bahnhofsuhr. Diese bestimmt noch heute den Takt der Passagiere. Hilfikers Worte damals: «Pünktlichkeit ist das Markenzeichen der Bahn». Das Problem war nur, dass die Uhren an den Bahnhöfen nicht dieselbe Zeit anzeigten. Genau daran musste Hans Hilfiker arbeiten. Schon 1943 testete er eine Uhr mit roter Sekundenkelle im Hauptbahnhof von Zürich. Sie wird von einem Elektromotor angetrieben und durchläuft in 58.5 Sekunden den Kreis. Dann wartet der rote Zeiger einen Moment, um erneut synchron mit dem Minutenzeiger der Hauptuhr loszudrehen. Diese Zeitimpulse werden an alle Bahnhofsuhren weitergegeben – und so laufen sie seit 1944 im selben Takt. Zeit und Bahn im Einklang. 

mondaine clock

Der Taktfahrplan

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten die ersten Schweizer Bahnen den Taktfahrplan ein. Hierbei handelt es sich um einen Fahrplan, bei dem sich die Abfahrtsminute alle 60 Minuten wiederholt und so regelmässige, wiederkehrende Anschlüsse garantiert sind. Lange waren Experten der Meinung, dass ein landesweiter Taktfahrplan, wie es ihn in den Niederlanden schon seit 1934 gab, nicht möglich sei. Doch es sollte anders kommen: Samuel Stähli, ein Bauingenieur aus Bern und ein grosser Eisenbahnfan, gründete in Eigeninitiative den sogenannten «Spinnerclub». Jeden Montagabend trafen sich die bahnbegeisterten Tüftler, um einen schweizweiten Taktfahrplan zu entwickeln. Anstelle der üblichen Bildfahrpläne beruhte ihre Idee auf topografisch-systematischen Netzgrafiken. Dieses Konzept ging auf: Im März 1969 legten sie ihren 19-seitigen Bericht zur Fahrplangestaltung vor und gingen damit 1972 auf eine Fachtagung. Sie überzeugten die SBB und diese beauftragte eine grössere, neu zusammengesetzte Arbeitsgruppe, den Taktfahrplan konkreter auszuarbeiten. Im Jahr 1982 liess die SBB verlauten: «Wir fahren mit Takt – Ihre SBB». Seitdem fährt jede Stunde ein Zug in jede Richtung. Eine Leistungssteigerung von überdurchschnittlichem Ausmass.

Anfang der 1980er Jahre wurde neben der Einführung des Taktfahrplans ein weiterer Meilenstein im Schweizer ÖV erreicht: Nach zwei abgelehnten Vorlagen (Tiefbahn-Vorlage 1962, U-Bahn- und S-Bahn-Vorlage 1973), die das zunehmende Verkehrsaufkommen durch den Bevölkerungszuwachs im Raum Zürich lösen sollten, nahmen die Zürcher Stimmberechtigten die Vorlage zur S-Bahn am 29. November 1981 deutlich an. Mit einem Ja-Anteil von 74 Prozent ein Glanzresultat. Das Kernstück der S-Bahn war die Erweiterung der SBB-Anlagen und bedingte unter anderem den Bau eines mehrglei-sigen unterirdischen Durchgangsbahnhofs im HB Zürich, eine Erweiterung des Bahnhofs Stadelhofen und einen neuen Bahnhof Stettbach am Nordportal des Zürichbergtunnels. 

Das Grossbauprojekt «Bahn 2000»

Das wohl grösste Schweizer Eisenbahnprojekt der Neuzeit ist die Bahn 2000. 1987 nahm das Schweizer Stimmvolk das Projekt an und gab so den Startschuss für 130 Bauprojekte. Das Konzept der Bahn 2000 beruht darauf, die wichtigsten Schweizer Knotenbahnhöfe in weniger als einer Stunde zu verbinden. Züge sollen vor der halben/vollen Stunde ankommen und gleich danach wieder abfahren; das sogenannte «Anschlussspinnen» oder Knoten-System. So sind Anschlüsse abgestimmt und garantiert, während sich die Umsteigezeiten verkleinern. Der damalige Leitspruch, der gleichzeitig die Zielidee darstellte, lautete: «Schneller, häufiger und bequemer». Konkret führten die Massnahmen nicht nur zu besseren, direkteren Verbindungen zwischen den Bahnhöfen, sondern auch zu höheren Geschwindigkeiten im gesamten Zugnetz. Unzählige Aus und Neubauten ermöglichten auf den Hauptverkehrsachsen eine Fahrzeitreduktion auf unter eine Stunde. Das neue Projekt «Bahn 2030» hat zusätzliche Knoten, eine kontinuierliche Verkürzung der Fahrzeiten und einen Ausbau der Kapazitäten zum Ziel.  Denn gemäss dem berühmten Schweizer Slogan der SBB von 1958 reist der «Kluge» nach wie vor im «Zuge». 

Für einen profunderen Einblick in die Geschichte der Schweizer Eisenbahn empfiehlt sich das 2019 erschienene Werk von Joseph Jung: „Das Laboratorium des Fortschritts. Die Schweiz im 19. Jahr-hundert“ (Verlag NZZ Libro, 2. Auflage 2020). Auf 678 Seiten und mit teils bisher unveröffentlichten Bildern werden spannende Einblicke in die faszinierende Vergangenheit des kleinen Alpenlandes geboten. Dieses Buch diente als Quelle für den Artikel. 

Bahnkarte von 1860
Bahnkarte von 1860